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Geheimunterlagen: Brisanter Fund bringt Biden in Bedrängnis

Der Fund streng geheimer Unterlagen in Trumps Anwesen war eine politische Sensation - der Ex-Präsident könnte sich strafbar gemacht haben. Nun wird öffentlich, dass Joe Biden auch schludrig war.

Joe Biden
Der Fund von Dokumenten in US-Präsident Joe Bidens Büroräumen könnte angesichts der Untersuchungen gegen Donald Trump eine brisante Entwicklung darstellen. Foto: Patrick Semansky
Der Fund von Dokumenten in US-Präsident Joe Bidens Büroräumen könnte angesichts der Untersuchungen gegen Donald Trump eine brisante Entwicklung darstellen.
Foto: Patrick Semansky

Der Fund geheimer Regierungsdokumente in privaten Büroräumen bringt US-Präsident Joe Biden in Erklärungsnot. Die Unterlagen seien bereits im November kurz vor den wichtigen Zwischenwahlen entdeckt worden und stammten aus Bidens Zeit als US-Vize, erklärte das Weiße Haus. Das Justizministerium untersuche den Fall.

Für den Demokraten ist der Fund besonders brisant, weil er an einen anderen Fall erinnert: Im Sommer beschlagnahmte die Bundespolizei FBI bei Ex-Präsident Donald Trump geheime Regierungsunterlagen. Der Fall sorgte für einen Skandal. Für den Republikaner, der wieder ins Weiße Haus einziehen will, ist diese neue Entwicklung nun ein gefundenes Fressen.

Der Fund

Biden war von 2009 bis 2017 Vizepräsident unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama. Im Anschluss nutzte er Büroräume im Penn Biden Center in der US-Hauptstadt Washington. Das Zentrum gehört zur University of Pennsylvania - Biden baute das Zentrum mit auf. Dem Weißen Haus zufolge sind die Dokumente am 2. November beim Ausräumen von Bidens Büroräumen gefunden worden. Sie wurden demnach in einem verschlossenen Schrank von persönlichen Anwälten Bidens entdeckt.

Die Unterlagen seien umgehend dem Nationalarchiv übergeben worden, betonte Richard Sauber, Sonderberater Bidens. Sie seien nicht Gegenstand einer früheren Anfrage des Archivs gewesen. Heikel für Biden ist besonders der Zeitpunkt des Funds. Wäre eine Woche vor den wichtigen Zwischenwahlen am 8. November bekannt geworden, dass auch Biden den Umgang mit Geheimunterlagen nicht so genau genommen hat, hätte das den Demokraten womöglich bei der Wahl geschadet. Nun berichtete am Montag zunächst der Sender CBS über den Fall, das Weiße Haus bestätigte den Bericht umgehend.

Die Dokumente

Viele Fragen zu den Dokumenten sind offen. Berichten nach handelt es sich um knapp ein Dutzend geheimer Unterlagen, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Dem US-Sender CNN zufolge handelt es sich etwa um Papiere des US-Geheimdienstes und Briefing-Materialien zu Themen wie Ukraine, Iran oder Großbritannien. Biden solle nicht gewusst haben, dass die Unterlagen in dem Schrank lagerten. In den USA müssen Regierungsdokumente in der Regel archiviert und für die Nachwelt aufgehoben werden. Dass das Weiße Haus darauf pocht, die Dokumente selbst gefunden und übergeben zu haben, verwundert nicht. Ziel dürfte sein, diesen Fall als völlig anders darzustellen als Trumps Streit um die beschlagnahmten Geheimunterlagen aus seiner Zeit im Amt.

Biden im Ausland

Die brisante Nachricht torpediert Bidens ersten Auslandstrip im neuen Jahr. Der US-Präsident ist etwa 3000 Kilometer entfernt in Mexiko-Stadt, als daheim in Washington die erste Meldung zu den Dokumenten die Runde macht. Biden steht am Montag lächelnd im Innenhof des Nationalpalastes in der mexikanischen Hauptstadt bei einer feierlichen Begrüßungszeremonie. Biden ist für zwei Tage in Mexiko - eigentlich um etwas auszurichten im Kampf gegen illegale Migration und den Schmuggel tödlicher Drogen in die USA. Beides sind Themen, die ihn innenpolitisch unter Druck setzen. Nun aber ist er bei seinen Treffen in der mexikanischen Hauptstadt vor allem mit Fragen konfrontiert, wie er es mit der Sorgfalt beim Umgang geheimer Regierungsdokumente hält.

Bei einem Termin mit dem mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador am Montagabend (Ortszeit) schweigt Biden zunächst stoisch zu Nachfragen von Reportern dazu, ebenso am Vormittag (Ortszeit) bei einem bilateralen Gespräch mit Kanadas Regierungschef Justin Trudeau. Das dürfte allerdings nicht lange durchzuhalten sein, vor allem wegen der Vehemenz, mit der er und seine demokratischen Parteikollegen Trumps Verhalten verurteilten.

Trump setzt auf Angriff

»Wann wird das FBI eine Razzia in den vielen Wohnungen von Joe Biden durchführen, vielleicht sogar im Weißen Haus?«, reagierte Trump umgehend auf dem Fund. Gegen Trump laufen seit Monaten Untersuchungen wegen der Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in sein privates Anwesen nach dem Abschied aus dem Weißen Haus. Trump könnte sich damit strafbar gemacht haben. Die Bundespolizei FBI hatte das Anwesen in Florida im August durchsucht und diverse Verschlusssachen beschlagnahmt, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe.

Trump tut das Ganze immer wieder als »politische Hexenjagd« ab. Im September ließ es sich Widersacher Biden in einem Interview nicht nehmen, Trumps Verhalten als »unverantwortlich« zu bezeichnen. Er habe sich gefragt, welche Informationen in den Dokumenten enthalten seien, die Quellen kompromittieren könnten, sagte er. Nun gerät der US-Präsident selbst unter Druck. Die Staatsanwaltschaft befasst sich mit dem Fund im Penn Biden Center - Ausgang offen.

Die Unterschiede

Zwar sind sich Bidens und Trumps Fall auf den ersten Blick sehr ähnlich - es gibt aber zentrale Unterschiede. Anders als nun bei Biden war in Trumps Fall ein Streit mit dem Nationalarchiv vorausgegangen. Es versuchte monatelang, von Trump Papiere aus dessen Amtszeit zu bekommen. Zwar hatten Trumps Anwälte schließlich Dokumente übergeben. Doch mutmaßten die Beamten zu recht, dass Trump oder sein Team weiter Unterlagen zurückhielten, was nicht erlaubt ist. Auch die Zahl der Dokumente unterscheidet sich deutlich. Unter den Tausenden bei Trump beschlagnahmten Unterlagen sind dem FBI zufolge mehr als 100 als gekennzeichnete Dokumente sein. Ein Sonderermittler überprüft, ob Trump mit seinem Verhalten Behörden behindert hat.

© dpa-infocom, dpa:230110-99-160269/9