Das US-Militär soll gemeinsam mit internationalen Partnern einen temporären Hafen an der Küste des Gazastreifens einrichten. So soll die notleidende Zivilbevölkerung zusätzliche Hilfe auf dem Seeweg bekommen, wie ein hochrangiger US-Regierungsvertreter in Washington mitteilte.
Hauptteil des Hafens ist demnach ein temporärer Pier, an dem große Schiffe andocken können, um Nahrungsmittel, Wasser, Medizin und Notunterkünfte zu liefern. Dieser böte »die Kapazität für Hunderte zusätzlicher Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern pro Tag«, erklärte ein weiterer hochrangiger US-Regierungsvertreter.
Die Lieferungen würden zunächst über Zypern erfolgen, ermöglicht durch das US-Militär und eine Koalition aus Partnern und Verbündeten. Die Umsetzung des Vorhabens werde einige Wochen dauern. Hilfe von US-Soldaten vor Ort sei allerdings nicht notwendig.
Weitere Details zu den Plänen nannten die Regierungsvertreter zunächst nicht. Sie betonten jedoch, die derzeitigen Hilfslieferungen an die Menschen im Gazastreifen seien »bei Weitem nicht genug und bei Weitem nicht schnell genug«.
Am Mittwoch hatte die israelische Zeitung »Haaretz« berichtet, Israel wolle erstmals seit Kriegsbeginn vor fünf Monaten die Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen auf dem Seeweg erlauben. Israel habe eine entsprechende Vereinbarung mit nicht näher benannten internationalen Institutionen getroffen, hieß es in dem Bericht.
Die humanitäre Lage der Menschen in Gaza spitzt sich seit Wochen dramatisch zu. Es fehlt am Nötigsten. Vertreter der Vereinten Nationen hatten zuletzt im Weltsicherheitsrat vor dem Hungertod Tausender Zivilisten im Gazastreifen gewarnt. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aber treibt trotz laufender Verhandlungen über eine Waffenruhe die Bodenoffensive in Gaza voran und lässt humanitäre Hilfe beschränken. Angesichts der humanitären Katastrophe hatten die USA am Wochenende damit begonnen, die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aus der Luft mit Hilfsgütern zu versorgen.
Angriff auf Hisbollah-Stellungen
Die israelische Armee hat unterdessen nach eigenen Angaben Stellungen der Schiitenmiliz Hisbollah im Südlibanon beschossen. Artillerie und Kampfjets hätten die Orte unter Feuer genommen, von denen aus Israel zuvor beschossen worden sei, teilte die Armee mit. Im israelischen Grenzgebiet, aus dem die meisten Zivilisten seit Monaten evakuiert sind, seien die Orte Rosch Hanikra und Jaara im Westen sowie Ziele im weiter östlich gelegenen Obergaliläa vom nördlichen Nachbarland aus angegriffen worden. Israelische Kampfflugzeuge hätten Ziele in der Gegend der libanesischen Ortschaften Aitarun und Aita Asch Schaab bombardiert.
Bereits am Vorabend seien eine militärische Einrichtung der Hisbollah bei Matmura und ein Beobachtungsposten bei Jebbayn aus der Luft angegriffen worden. Die Hisbollah beschoss nach eigenen Angaben auch Ziele in Israel bei den Orten Liman und Awdon. Im Libanon habe es einen Toten gegeben. Aus Israel wurden keine Opfer gemeldet.
Seit Ausbruch des Gaza-Krieges kommt es an der Grenze zwischen dem Libanon und Israel täglich zu gegenseitigem Beschuss. Seit längerem besteht die Sorge, dass sich der Krieg auf den Libanon ausweiten könnte. Bisher halten sich beide Seiten jedoch an die Regel »Wie du mir, so ich dir« und eskalieren jeweils nicht stärker als die Gegenseite.
Verhandlungen über Feuerpause: Delegationen reisen ab
Israel gerät im Gaza-Krieg wegen der katastrophalen humanitären Lage international zunehmend unter Druck. Südafrika forderte den Internationalen Gerichtshof in Den Haag per Eil-Antrag auf, Israel anzuweisen, Hilfe in das abgeriegelte Küstengebiet zu lassen. Begründet wird dies mit einer »weitverbreiteten Hungersnot«, wie aus einer Mitteilung des Gerichts in Den Haag hervorgeht.
Im Ringen um eine vorübergehende Waffenruhe im Gazastreifen verdichten sich die Anzeichen, dass die Gespräche auch nach Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan weitergehen. Heute verließen Teilnehmer der Hamas und Katars, das als Vermittler fungiert, die ägyptische Hauptstadt Kairo, wie es aus Sicherheitskreisen am Flughafen hieß. Einige Stunden zuvor seien auch Vertreter der USA aus Ägypten abgereist.
Katar, Ägypten und die USA hatten sich zu Gesprächen in Kairo getroffen, um mit der Hamas über eine vorübergehende Waffenruhe im Gazastreifen zu verhandeln. Israel war zunächst mit keiner eigenen Delegation vor Ort. Die Vermittler hoffen auf eine Einigung bis zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan, der um den 10. März beginnt.
Der staatsnahe ägyptische Sender Al-Kahira News zitierte eine nicht näher genannte hochrangige Quelle, dass die Verhandlungen in der kommenden Woche fortgesetzt werden sollen. Neben einer Feuerpause geht es auch um die Freilassung israelischer Geiseln, die von der Hamas entführt worden sind.
Sollten die Bemühungen der Vermittler USA, Katar und Ägypten scheitern, droht Israel mit einer Militäroperation in der Stadt Rafah während des Ramadans. In Rafah im Süden des Gazastreifens suchen derzeit rund 1,5 Millionen Palästinenser auf engstem Raum und unter elenden Bedingungen Zuflucht vor den Kämpfen in anderen Teilen des Gebiets. Israel versicherte, die Zivilisten vor einer Offensive in Sicherheit zu bringen. Israelische Beamte glaubten, dass der Anführer der islamistischen Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, an einer Einigung nicht interessiert sei, sondern hoffe, dass es zu einer Eskalation der Spannungen im Westjordanland und in Jerusalem während des Ramadans komme, berichtete das »Wall Street Journal«. Ein Einmarsch in Rafah könne auch zu einem größeren Konflikt an Israels Nordgrenze zum Libanon führen, hieß es.
Netanjahu hält an Rafah-Einsatz fest
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu pocht trotz internationaler Kritik auf einen Militäreinsatz in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens. Die Armee werde »weiterhin gegen alle Bataillone der Hamas im gesamten Gazastreifen vorgehen – und dazu gehört auch Rafah, die letzte Hochburg der Hamas«, sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros. »Wer uns sagt, dass wir in Rafah nicht operieren sollen, sagt uns, dass wir den Krieg verlieren sollen.« Das werde nicht passieren, betonte Israels Regierungschef. Es gebe zwar internationalen Druck. »Doch gerade wenn der internationale Druck zunimmt, müssen wir uns zusammenschließen. Wir müssen den Versuchen, den Krieg zu beenden, gemeinsam entgegentreten.«
Kreise: Kanada will UNRWA-Finanzierung wieder aufnehmen
Nach den Terror-Vorwürfen gegen das UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA will Kanada seine Finanzierung trotz weiterhin nicht abgeschlossener Untersuchungen wieder aufnehmen. Diplomatische Kreise bestätigten der Deutschen Press-Agentur in New York Medienberichte, wonach Ottawa demnächst sogar ankündigen werde, seine Zuwendungen für UNRWA aufzustocken. Der öffentliche kanadische TV-Sender CBC hatte gemeldet, die Regierung von Premier Justin Trudeau wolle eine fällige Zahlung von umgerechnet mehr als 15 Millionen Euro sowie eine Extrasumme leisten. Offiziell verkündet wurde der Schritt aber bislang nicht. Kanada hatte zusammen mit einer Reihe von Spendernationen, darunter auch Deutschland und den USA, seine Finanzierung von UNRWA nach schweren Vorwürfen eingefroren. Israel beschuldigte ein Dutzend UNRWA-Mitarbeiter im Januar, an den Terrorakten der islamistischen Hamas vom 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein.
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