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G7 wollen Export russischer Diamanten einschränken

Die G7-Staaten kommen zu ihrem Gipfel in Japan zusammen. Die großen westlichen Wirtschaftsmächte wollen den Druck auf Russland wegen des Ukraine-Kriegs erhöhen.

Biden und Kishida
Shakehands zwischen US-Präsident Joe Biden (l.) und dem japanischen Premierminister Fumio Kishida vor einem bilateralen Treffer vor Beginn des G7-Gipfels. Foto: Susan Walsh
Shakehands zwischen US-Präsident Joe Biden (l.) und dem japanischen Premierminister Fumio Kishida vor einem bilateralen Treffer vor Beginn des G7-Gipfels.
Foto: Susan Walsh

Die Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen will den milliardenschweren Export von Rohdiamanten aus Russland einschränken. Eine entsprechende Erklärung soll beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima beschlossen werden, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur sagten. Russlands Krieg gegen die Ukraine gehört zu den Hauptthemen des dreitägigen Treffens, das am Freitag beginnt.

Die G7-Staaten beraten auch, wie die Umgehung bestehender Sanktionen verhindert werden kann. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist zuversichtlich, dass die G7-Staaten eine gemeinsame Linie finden .

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird nach Angaben der japanischen Regierung online an dem Gipfel teilnehmen, wie die Nachrichtenagentur Kyodo meldete. Zuvor hatten Äußerungen aus Selenskyjs Umfeld die Möglichkeit in den Raum gestellt, der Präsident könnte persönlich nach Japan reisen.

Der G7 gehören neben Japan und Deutschland die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada sowie die Europäische Union an.

Russland gilt als weltgrößter Produzent von Rohdiamanten

Bei den neuen Plänen geht es nach Angaben aus G7-Kreisen darum, die Einnahmen Russlands aus dem Verkauf von Rohdiamanten abgestimmt zu reduzieren. Dazu soll sichergestellt werden, dass über Länder wie Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate gehandelte Edelsteine auch nach ihrem Weiterverkauf noch als russische Diamanten erkennbar sind. In der EU sei der Handel mit russischen Diamanten schon jetzt durch freiwillige Selbstverpflichtungen um etwa 80 Prozent zurückgegangen, hieß es.

Der Diamantenhandel ist für Russland eine nennenswerte Einkommensquelle. 2021, im letzten Jahr, in dem der staatliche Diamantenförderer Alrosa seine Zahlen offenlegte, erzielte das Unternehmen 332 Milliarden Rubel (rund 4 Milliarden Euro) Einnahmen. Russland gilt als weltweit größter Produzent von Rohdiamanten.

Bislang hat die EU den Handel allerdings nicht eingeschränkt. Als ein Grund galt bisher unter anderem der Widerstand aus Belgien. Die flämische Hafenstadt Antwerpen gilt seit dem 16. Jahrhundert als Diamantenzentrum der Welt.

Die USA, Kanada und Großbritannien hatten Sanktionen gegen Alrosa verhängt. Nach Angaben des scheidenden Alrosa-Generaldirektors Sergej Iwanow hat das dem Konzern kaum geschadet. Iwanow zeigte sich jüngst optimistisch, dass neue Sanktionen nicht greifen.

Schlupflöcher bei Handelssanktionen schließen

In der geplanten gemeinsamen G7-Erklärung soll es um die Umgehung bereits bestehender Handelsbeschränkungen gehen, die seit dem Angriff auf die Ukraine gegen Russland verhängt wurden.

Ziel ist es nach Angaben von Bundeskanzler Scholz, das Sanktionsregime so weiterzuentwickeln, dass eine Umgehung nicht möglich sei. »Ich gehe davon aus, dass wir uns in all den Fragen sehr gut zusammenfinden können«, sagte er am Donnerstag nach seiner Ankunft in Hiroshima.

Der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sprach davon, Umgehungsnetzwerke auszuschalten und Schlupflöcher zu schließen. Er stellte im Zusammenhang mit der geplanten G7-Erklärung ein neues Sanktionspaket der USA in Aussicht.

Unter anderem wird chinesischen Unternehmen vorgeworfen, Güter aus der EU weiter nach Russland zu liefern, die zur Kriegsführung genutzt werden könnten. Die EU-Kommission hatte jüngst vorgeschlagen, die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, ausgewählte Exporte von militärisch nutzbaren Gütern in bestimmte Drittstaaten einzuschränken.

Nach Angaben von Diplomaten wird der Vorstoß allerdings bei weitem nicht von allen EU-Staaten uneingeschränkt positiv bewertet. Als Gefahr gilt demnach, dass Mitgliedstaaten wegen möglicher Vergeltungsmaßnahmen am Ende nicht den Mut oder den Willen haben könnten, Länder wie China auf eine solche Liste zu setzen. Für Deutschland war China in den vergangenen sieben Jahren der wichtigste Handelspartner.

Komplettes Exportverbot nach Russland wird nicht erwartet

Als derzeit nicht konsensfähig gilt der Vorschlag, Ausfuhren nach Russland grundsätzlich zu untersagen und Ausnahmen nur für sorgfältig ausgewählte Produkte möglich zu machen. Sullivan sagte, er rechne nicht mit einem solchen Exportverbot.

Bislang wurden in Reaktion auf Russlands Angriffskrieg nur für ausgewählte Produkte Ausfuhrverbote erlassen. Dazu gehören in der EU beispielsweise Flugzeuge, Luxusgüter und bestimmte Computerchips.

G7 sprechen auch über China, Klima und Atomwaffen

Auf der Tagesordnung des Gipfels stehen auch die Weltwirtschaft, der Klimaschutz und der Umgang mit dem Machtstreben Chinas. Um die Zusammenarbeit mit dem globalen Süden zu stärken, hat Gastgeber Japan Partner wie Indien, Brasilien und Indonesien eingeladen.

Kanzler Scholz erwartet zudem ein klares Signal gegen den Einsatz von Atomwaffen. »Die nukleare Katastrophe, die hier erlebt worden ist, ist eine Mahnung an uns alle, dass wir dafür Sorge tragen müssen, dass es niemals zum Einsatz von Atomwaffen kommt«, sagte er. Hiroshima war 1945 beim ersten Atombombenabwurf der Geschichte weitgehend zerstört worden.

© dpa-infocom, dpa:230518-99-733713/9