Logo
Aktuell Ausland

G7-Runde für Feuerpausen und Zwei-Staaten-Lösung in Nahost

Die G7-Staaten üben angesichts weltweiter Krisen den Schulterschluss. Kriege in Gaza und der Ukraine, Chinas Machtstreben im Indopazifik: Werden die demokratischen Wirtschaftsmächte tatsächlich gehört?

Annalena Baerbock
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock gibt nach der Abschlusserklärung des G7-Treffens in Tokio eine Pressekonferenz. Foto: Sina Schuldt/DPA
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock gibt nach der Abschlusserklärung des G7-Treffens in Tokio eine Pressekonferenz.
Foto: Sina Schuldt/DPA

Die G7-Staaten wirtschaftsstarker Demokratien halten einen eigenständigen palästinensischen Staat neben Israel für die einzige langfristige Lösung im Gaza-Krieg. Ein Zwei-Staaten-Gebilde, bei dem beide »Seite an Seite in Frieden, Sicherheit und gegenseitiger Anerkennung leben«, sei »der einzige Weg zu einem gerechten, dauerhaften und sicheren Frieden«, hieß es in der Abschlusserklärung des Treffens der G7-Außenministerinnen und -minister in Tokio.

»Wir brauchen kluge Lösungen, wie und von wem Gaza in Zukunft verwaltet werden kann. Und wir brauchen praktische Schritte hin zur Zwei-Staaten-Lösung, auch wenn sie in der Ferne liegen mag«, sagte Außenministerin Annalena Baerbock im Anschluss. Zur G7-Runde gehören neben Deutschland auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien.

Baerbock: Gazastreifen darf weder besetzt noch verkleinert werden

US-Außenminister Antony Blinken sagte nach dem Treffen in der japanischen Hauptstadt: »Die Realität sieht so aus, dass nach dem Ende des Konflikts eine gewisse Übergangszeit notwendig sein könnte.« Baerbock sagte ähnlich wie Blinken, von Gaza dürfe in Zukunft keine Terrorgefahr für Israel ausgehen, Palästinenser dürften nicht aus Gaza vertrieben werden, es dürfe keine Besetzung und keine Verkleinerung des Gazastreifens geben. Zugleich mahnte sie, »dass es keine Lösung über die Köpfe der Palästinenserinnen und Palästinenser hinweg geben darf«.

G7-Staaten für humanitäre Feuerpausen

Die G7-Staaten sprachen sich für humanitäre Feuerpausen und die Einrichtung von Korridoren aus, um Hilfslieferungen sowie die Freilassung von Geiseln zu erleichtern. »Alle Parteien müssen ungehindert humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung, einschließlich Nahrungsmittel, Wasser, medizinische Versorgung, Treibstoff und Unterkünfte sowie Zugang für humanitäre Helfer, gewähren«, hieß es am in der Abschlusserklärung. Es sei »essenziell, dass humanitäre Hilfe nach Gaza reinkommt, dass die Menschen dort versorgt werden können, damit es nicht Nährboden für weiteren Terrorismus wird«, so Baerbock.

Blinken sagte, jene, die nun einen sofortigen Waffenstillstand forderten, hätten die Pflicht zu erklären, wie man mit dem Schicksal der Geiseln umgehen solle und der erklärten Absicht der Hamas, den 7. Oktober immer wieder zu wiederholen. In ihrem Abschlusspapier verlangen die G7, dass alle bei der Terrorattacke der islamistischen Hamas auf Israel Anfang Oktober in den Gazastreifen verschleppten Geiseln ohne Vorbedingungen sofort freigelassen werden. Zudem müsse die Ausreise von ausländischen Staatsangehörigen weiterhin erlaubt werden.

Baerbock bestätigt Ausreise von mehr als 200 Deutschen aus Gaza

Baerbock hatte zuvor die Ausreise von mehr als 200 Deutschen und deren Familienangehörigen aus dem Gazastreifen bestätigt. »Das gibt Hoffnung inmitten der furchtbaren Lage in Gaza«, schrieb sie auf der Plattform X (früher Twitter). »Vielen Dank an unsere Partner in Ägypten für die Unterstützung«, ergänzte sie. Man arbeite »weiter, bis jeder Deutsche, der ausreisen will, dies auch kann«.

Das gemeinsame G7-Statement hat auch deswegen besondere Bedeutung, weil es in einer Abstimmung in der UN-Vollversammlung am 27. Oktober ein unterschiedliches Stimmverhalten gegeben hatte. Eine Resolution Jordaniens zur Verbesserung der humanitären Situation und für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen hatte damals die notwendige Zweidrittelmehrheit erhalten. Die USA hatten allerdings gegen das Papier gestimmt, Frankreich dafür. Deutschland hatte sich enthalten.

»Extremistische Siedlergewalt im Westjordanland inakzeptabel«

In Bezug auf die angespannte Situation im Westjordanland hieß es, »die Zunahme der extremistischen Siedlergewalt gegen Palästinenser ist inakzeptabel, untergräbt die Sicherheit im Westjordanland und bedroht die Aussichten auf einen dauerhaften Frieden«. Man arbeite gemeinsam mit Partnern in der Region »intensiv daran, eine weitere Eskalation und Ausbreitung des Konflikts zu verhindern«. Vom Iran verlangen die G7, die Unterstützung der Hamas sowie der libanesischen Hisbollah zu beenden. Teheran solle vielmehr seinen Einfluss auf diese Gruppen nutzen, um die regionalen Spannungen zu deeskalieren.

Verstärkte Winterhilfe für die Ukraine - Kuleba zugeschaltet

Die G7-Staaten bekräftigten, der von Russland angegriffenen Ukraine »so lange wie nötig beizustehen und gleichzeitig den wirtschaftlichen Druck zu erhöhen sowie robuste Sanktionen und andere Einschränkungen gegen Russland zu verhängen«. Man verstärke die Bemühungen, der Ukraine bei der Bewältigung ihrer Wintervorbereitungen zu helfen. Zu den G7-Beratungen zur Ukraine war zeitweise auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba per Video zugeschaltet.

Baerbock: Stehen Partnern auch im Indopazifik bei

Angesichts der in der Indopazifik-Region immer aggressiver auftretenden chinesischen Regierung sagte Baerbock, in dem Gebiet seien »Spannungen mittlerweile mehr als nur düstere Gedankenspiele. Sie sind förmlich mit den Händen zu greifen«. Die militärischen Drohgebärden Chinas gegenüber Taiwan nähmen zu, Nordkorea schieße so viele Test-Raketen ins Meer wie nie. »Unseren Partnern in der Region weht ein rauer Wind ins Gesicht, auch wenn man ihn angesichts der globalen Krisen bei uns vielleicht nicht so deutlich spürt«, sagte Baerbock. »Aber wir haben unseren Partnern hier in der Region versichert, dass wir auch ihnen bei rauem Gegenwind beistehen.«

© dpa-infocom, dpa:231108-99-863298/8