Frankreichs affärengeplagter Ex-Präsident Nicolas Sarkozy muss sich seit Montag wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme erneut vor Gericht verantworten. Der 67-Jährige hat Berufung gegen einen Schuldspruch vom März vergangenen Jahres eingelegt. Das Urteil lautete damals drei Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung und eines zuhause unter elektronischer Bewachung. Zum Auftakt beteuerte Sarkozy seine Unschuld. »Wo sind die Beweise? Es gibt keine Beweise. Ich verteidige hier meinen Stolz.« Der konservative Politiker war Staatschef zwischen 2007 und 2012.
Konkret geht es darum, dass Sarkozy 2014 über seinen langjährigen Anwalt Thierry Herzog versucht haben soll, von dem Juristen Gilbert Azibert Ermittlungsgeheimnisse in einer anderen Affäre zu erhalten, in die er verwickelt war. Im Gegenzug soll Azibert Unterstützung bei der Bewerbung um einen Posten in Monaco angeboten worden sein. Auch Herzog und Azibert wurden in erster Instanz verurteilt und stehen nun ebenfalls erneut vor Gericht. Die Verhandlung ist bis zum 16. Dezember angesetzt.
Die Vorwürfe beruhen auf abgehörten Telefonaten des Politikers mit seinem Anwalt. Um die Rechtmäßigkeit dieser Abhöraktion gab es Streit. Ermittler fanden heraus, dass Sarkozy und Herzog für vertrauliche Gespräche Mobiltelefone nutzten, die der Ex-Präsident unter Pseudonym angeschafft hatte. Am Montag empörte sich Sarkozy, dass die Kommunikation zwischen Anwalt und Mandanten vertraulich und die Abhöraktion illegal gewesen sei. Insgesamt seien 3500 seiner Telefonate abgehört worden.
Urteil war harter Schlag
Die Strafe, die der im Volksmund »Sarko« genannte Politiker 2021 kassierte, war für ihn ein harter Schlag. Ein solches Urteil gegen einen früheren Staatschef war in der jüngeren Geschichte Frankreichs beispiellos. Der Vollzug wurde wegen der angestrengten Berufung aber zunächst ausgesetzt.
Doch es sollte nicht das letzte Urteil gegen den früheren Star der bürgerlichen Rechten sein. Im September 2021 verhängte ein Gericht wegen illegaler Wahlkampffinanzierung ein Jahr Haft. Auch hier legte Sarkozy Berufung ein. Hintergrund war, dass er bei der gescheiterten Kampagne für seine Wiederwahl 2012 die aus Gründen der Chancengleichheit gedeckelten Kosten um mindestens 20 Millionen Euro überschritt.
Die Amtszeit des Konservativen im Élyséepalast war bereits von Affären um reiche Freunde, maßlose Regierungsmitglieder und Vetternwirtschaft geprägt. Der einstige Hoffnungsträger der Rechten verlor dann 2012 gegen den Sozialisten François Hollande, der aber auch nur eine Amtszeit durchhielt.
Bei zahlreichen Anhängern gilt Sarkozy noch immer als Ikone. Führende Politiker der konservativen Républicains versuchen nun jedoch, sich von ihm zu lösen. Durch seine Verurteilungen ist der Ex-Staatschef auch politisch schwer belastet. Möglicherweise droht ihm noch ein weiteres Verfahren. Die Justiz ermittelt wegen angeblicher Zahlungen Libyens für seinen Wahlkampf 2007. Sarkozy weist auch hier alle Vorwürfe zurück.
© dpa-infocom, dpa:221205-99-780718/5