BERLIN. Bei den Bund-Länder-Gesprächen am Dienstag wird wohl auch um eine FFP2-Maskenpflicht im Bahnverkehr und Ausgangssperren gerungen werden.
»Es liegt eine Auswahl von Möglichkeiten auf dem Tisch«, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier der »Rheinischen Post«. Er nannte neben der FFP2-Maskenpflicht im Bahnverkehr und den Ausgangssperren auch eine Homeoffice-Pflicht und deutlichere Kontaktbeschränkungen.
In Bayern müssen die Menschen seit den Morgenstunden in Bussen, Trams, U- und S-Bahnen sowie in allen Geschäften FFP2-Schutzmasken tragen. Auch eine nächtliche Ausgangssperre gilt im Freistaat bereits. Vor den Beratungen am Dienstag sieht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sein eigenes Bundesland im Kampf gegen die Pandemie deshalb auch bereits gut aufgestellt. »Wir brauchen da an keiner Schraube mehr, glaub ich, ziehen«, sagte der CSU-Chef in der ARD-Talkshow »Anne Will«.
Stattdessen forderte Söder die anderen Länder auf, die bei der Ministerpräsidentenkonferenz getroffenen Beschlüsse konsequenter umzusetzen. »Die Hälfte der Länder macht ja was ganz anderes«, sagte er. »So dass man auch immer wieder die Frage stellen muss: Warum beschließen wir etwas, wo dann die Hälfte das anders macht.« Söder forderte ein konsequentes Anwenden und Umsetzen von dem, was in Berlin beschlossen werde. »Ich halte auch nichts von endlosen Differenzierungen - denn nur was für alle gilt, ist verständlich.«
Söder sieht die Vorschriften in Bayern als eine Art Blaupause für Bundesregelungen. Nach Informationen des »Business Insiders« will das Kanzleramt sogar eine bundesweit einheitliche nächtliche Ausgangssperre einführen, wie es sie bereits in Frankreich oder anderen Nachbarstaaten gibt. Aus den Bundesländern ist aber auch zu vernehmen, dass derzeit alles diskutiert werde, was diskutiert werden könne.
Vor der Bund-Länder-Schalte gibt es also noch einiges an Abstimmungsbedarf. Heute lassen sich die Spitzen von Bund und Ländern von führenden Wissenschaftlern über neue Erkenntnisse informieren. »Da sind die dabei, die sie alle kennen«, sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bei »Anne Will« und nannte namentlich den RKI-Präsidenten Lothar Wieler und den Charité-Virologen Christian Drosten.
Zur Frage, warum die Bund-Länder-Beratung am Dienstag so kurzfristig angesetzt wurde und warum die Lage so dränge, sagte Bouffier: »Was wir gar nicht einschätzen können, ist das britische Virus. Das ist der Grund, warum wir jetzt tagen.« Dieses Mal werde man auch Wissenschaftler aus Großbritannien dabei haben. »Da wird es darum gehen: Welche Erkenntnisse habt ihr.« In Großbritannien hat sich eine wohl ansteckendere Mutation des Coronavirus stark verbreitet, die inzwischen auch in Deutschland nachgewiesen wurde. Auch in Südafrika ist eine vergleichbare Variante aufgetaucht.
Es bestehe die Gefahr, dass sich die Dynamik noch einmal beschleunige, wenn sich die Virus-Mutationen weiter ausbreiteten, sagte Altmaier. »Deshalb müssen wir jetzt - und das ist explizit meine Meinung als Wirtschaftsminister - auf der Ministerpräsidentenkonferenz die Weichen so stellen, dass wir in den nächsten Wochen die Infektionswelle endgültig brechen und ein erneutes Hochschießen der Dynamik bis Ostern verhindern.«
SPD-Chefin Saskia Esken sprach bei »Anne Will« wie Altmaier von der Homeoffice-Pflicht: Man werde in den Unternehmen möglicherweise Homeoffice anordnen müssen, sagte sie.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fordert im Kampf gegen das Virus eine Initiative zur Ausweitung von Corona-Schnelltests. »Mit Abnahmegarantien und einer Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung muss Gesundheitsminister (Jens) Spahn sicherstellen, dass ausreichend Schnelltests produziert und auch von Privatpersonen gekauft und angewendet werden können«, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Regelmäßige Schnelltests sollten laut Göring-Eckardt in allen Berufen, in denen Menschen regelmäßig mit wechselnden Kontakten arbeiten, für mehr Sicherheit sorgen. Als Beispiel nannte sie Ärzte, Pflegekräfte oder Polizisten.
Die Virologin Marylyn Addo erwartet in der Corona-Pandemie vom Frühjahr an und im Sommer eine deutliche Entspannung. »Schon wegen des wärmeren Wetters und der höheren Impfquote«, sagte die Leiterin der Sektion Infektiologie vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. (dpa)