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Festnahme nach Angriffen auf jüdische Einrichtungen in NRW

Schüsse auf ein früheres Rabbinerhaus in Essen, Brandanschlag in Bochum und versuchte Brandstiftung einer Synagoge in Dortmund: Drei Vorfälle mit Bezug zu jüdischen Einrichtungen könnten zusammenhängen.

Einschusslöcher bei Synagoge
Einschusslöcher in der Eingangstür zum Rabbinerhaus bei der Alten Synagoge in Essen. Foto: Justin Brosch
Einschusslöcher in der Eingangstür zum Rabbinerhaus bei der Alten Synagoge in Essen.
Foto: Justin Brosch

Die Taten eines mutmaßlichen Brandstifters könnten nach Ansicht von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im Zusammenhang zu den Schüssen auf das frühere Rabbinerhaus an der Alten Synagoge in Essen in derselben Nacht stehen. »Einen mutmaßlichen Täter haben wir aus dem Verkehr gezogen. Ob da eine Gruppe dahinter steckt, wissen wir noch nicht«, sagte der Politiker in einer Sondersitzung des Innenausschusses des nordrhein-westfälischen Landtags in Düsseldorf. »Womöglich gibt es zwischen den Taten in dieser Nacht einen Zusammenhang«

35-Jähriger festgenommen

Wie die Generalstaatsanwalt Düsseldorf am Freitag mitteilte, handelt es sich bei dem festgenommenen Tatverdächtigen um einen 35 Jahre alten Mann, der am späten Abend des 17. November einen Brandanschlag auf die Hildegardis-Schule in Bochum verübt haben soll. Zudem soll der Mann Mitte November versucht haben, einen Zeugen als Mittäter für einen Brandanschlag auf die Synagoge in Dortmund zu gewinnen. Der Zeuge habe abgelehnt und sich der Polizei offenbart. Die geplante Tat sei nicht ausgeführt worden.

Laut Generalstaatsanwalt ist der 35-Jährige noch in der Nacht zum 18. November festgenommen worden und sitzt seit dem 19. November aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund in Untersuchungshaft.

Molotowcocktail auf Schule in Bochum

Der Beschuldigte, der nach Angaben der Staatsanwaltschaft über die deutsche und iranische Staatsangehörigkeit verfügt, soll einen Molotowcocktail auf die Hildegardis-Schule in Bochum geschleudert zu haben. Dabei seien ein Rußschaden an einem Fensterrahmen und ein Brandschaden an der Styropordämmung des Gebäudes entstanden, hieß es. Das Gelände des Hildegardis-Gymnasiums liegt in unmittelbarer Nähe zur Bochumer Synagoge und dem Planetarium sowie dem Stadtpark.

Im Innenausschuss machte Innenminister Reul keine genauen Angaben zu der Festnahme und dem Tatverdächtigen. Nur, dass die Ermittler einen »zeitlichen Zusammenhang« der drei Vorfälle im Ruhrgebiet sehen. »Insgesamt bearbeiten wir derzeit in den Ermittlungen Sachverhalte mit Bezug zu jüdischen Objekten an drei unterschiedlichen Örtlichkeiten im Ruhrgebiet«, sagte Reul, der den Abgeordneten in einem nicht öffentlichen Teil der Sitzung weitere Details nennen wollte. Es gebe noch viele Puzzleteile, die die Ermittler zusammensetzen müssen.

Verfassungsschutz in Ermittlungen eingebunden

Laut Innenminister sind neben dem Landeskriminalamt (LKA) auch der Verfassungsschutz des Landes NRW sowie die Polizeibehörden in Essen und Dortmund in die Ermittlungen eingebunden. In Essen und Dortmund seien zwei »Besondere Aufbauorganisationen« (BAO) mit mehr als 100 Beamten eingerichtet worden. Die Ermittlungen würden mit Hochdruck und dem »ganz großen Besteck« geführt, versicherte Reul. Auch der Generalbundesanwalt (GBA) werde stets »auf dem Laufenden gehalten«. Die Maßnahmen zum Schutz aller jüdischen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen seien hochgefahren worden, sagte Reul.

Reul bekräftigte, dass die erfassten Fallzahlen antisemitischer Straftaten in NRW seit Jahren stagnierten. Seit 2017 liege die jährliche Zahl dieser Straftaten immer zwischen 280 und 350. Reul wies aber auch auf eine großes Dunkelfeld hin, das derzeit in einer wissenschaftlichen Studie untersucht werde. »Antisemitismus stellt weiterhin eine große Gefahr in unserem Land dar«, so Reul.

In der Nacht zum 18. November war in Essen mindestens dreimal auf das frühere Rabbinerhaus an der Alten Synagoge in der Innenstadt geschossen worden. Vier Einschusslöcher an einer Tür waren am Morgen entdeckt worden. Die Alte Synagoge gehört der Stadt und wird von der jüdischen Gemeinde nicht mehr für Gottesdienste genutzt.

© dpa-infocom, dpa:221125-99-663384/2