Berlin (dpa) - FDP-Chef Christian Lindner hat bei der Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen Fehler eingestanden. »Ich habe die Skrupellosigkeit der AfD im Umgang mit höchsten Staatsämtern unterschätzt«, sagte er der »Bild am Sonntag«.
Er habe sich nicht vorstellen können, dass die AfD einen Kandidaten zum Schein aufstelle, um FDP und CDU zu beschädigen. »Im Wissen darum hätte ich Thomas Kemmerich natürlich den Ratschlag gegeben, auf die Kandidatur zu verzichten.«
Der FDP-Politiker Kemmerich war am vergangenen Mittwoch mit Stimmen der AfD zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden. Dies löste einen Sturm der Entrüstung aus. Kemmerich trat am Samstag zurück.
Mit Blick auf die bevorstehende Bürgerschaftswahl in Hamburg, bat Lindner die Menschen »um Entschuldigung eines schweren Fehlers«. Die FDP sei in eine taktische Falle geraten, der Wertekompass sei aber intakt. Ihn erschüttere, dass Parteifreundinnen nun als »Nazi-Fotzen« beschimpft und Kinder von FDP-Politikern beleidigt würden. Eine Gleichsetzung von AfD und FDP sei falsch. »Sie nutzt nur dem perfiden Ziel der AfD, die demokratischen Parteien und die politische Kultur zu zerstören.«
Lindner schlug vor, in Thüringen einen unabhängigen Übergangs-Ministerpräsidenten zu wählen. »Ich persönlich halte in dieser extrem empfindlichen Situation Herrn Ramelow aber nicht für einen geeigneten Kandidaten um das Land zu beruhigen«, sagte er vor einer Klausur der FDP-Bundestagsfraktion in Berlin.
Er halte es deshalb für empfehlenswert, eine unabhängige Persönlichkeit für die Übergangszeit bis zu einer Neuwahl an die Spitze der Landesregierung zu wählen. In Österreich beispielsweise habe man einmal die Präsidentin des Verfassungsgerichts mit den Amtsgeschäften betraut. »Ich halte das zur Beruhigung der politischen Situation in Thüringen auch für einen besseren Weg«, sagte Lindner.