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Ex-Kremlchef: Ohne Sieg in Ukraine wird Russland zerfallen

Einen Rückzug aus der Ukraine wird es laut Dmitri Medwedew nicht geben - die »militärische Spezialoperation« werde bis zum Sieg weitergeführt. Zugleich warnt er vor einer nuklearen Konfrontation.

Dmitri Medwedew
USA und andere Nato-Staaten haben laut Dmitri Medwedew Russland den Krieg erklärt. Foto: Ekaterina Shtukina
USA und andere Nato-Staaten haben laut Dmitri Medwedew Russland den Krieg erklärt.
Foto: Ekaterina Shtukina

Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew hat Forderungen von US-Präsident Joe Biden in Warschau nach einem Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine zurückgewiesen.

»Wenn die USA aufhören, Waffen an das Regime in Kiew zu liefern, dann endet der Krieg«, schrieb der Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates im Nachrichtenkanal Telegram. »Wenn Russland die militärische Spezialoperation beendet ohne einen Sieg, dann wird es Russland nicht mehr geben, es wird in Teile zerrissen«, meinte Medwedew. Russland hatte den Krieg gegen die Ukraine im vorigen Jahr am 24. Februar begonnen.

Medwedew wirft den USA »Größenwahn« vor

Zugleich kritisierte Medwedew in seiner gewohnt ausfallenden Art, dass Biden sich am Dienstag von Warschau aus vor polnischen Bürgern an das russische Volk wandte. »Wer ist überhaupt dieser seltsame Opa, der mit verlorenem Blick aus Polen spricht? Warum appelliert er an das Volk eines anderen Landes in einer Zeit, da er genügend Probleme im eigenen Land hat?«, meinte Medwedew. Er warf den USA, die viele Kriege in der Welt ausgelöst hätten, »Größenwahn« vor.

Biden hatte am Dienstag in Warschau eine Rede zum Jahrestag des Kriegs gehalten. Dabei wandte er sich schließlich an die Menschen in Russland. »Die Vereinigten Staaten und die europäischen Nationen wollen Russland nicht kontrollieren oder zerstören«, sagte er. Der Westen habe vor Kriegsbeginn nicht vorgehabt, Russland anzugreifen, wie Putin behaupte. »Jeder Tag, an dem der Krieg weitergeht, ist seine Entscheidung. Er könnte den Krieg mit einem Wort beenden. Es ist ganz einfach.«

Warnung vor nuklearer Konfrontation

Hinsichtlich der geplanten Aussetzung des letzten atomaren Abrüstungsvertrages mit den USA warnte Medwedew vor einer nuklearen Konfrontation mit dem Westen.

»Wenn die USA eine Niederlage Russlands wollen, dann haben wir das Recht, uns mit jeder Waffe zu verteidigen - auch mit der atomaren«, schrieb er im Nachrichtenkanal Telegram. Dann stehe die Welt am Rande eines globalen Konflikts, warnte der Ex-Kremlchef.

Bei seiner Rede an die Nation hatte Präsident Wladimir Putin gesagt, dass Russland nicht zu besiegen sei. Er kündigte dabei die Aussetzung des »New Start«-Vertrags mit den USA über die atomare Rüstungskontrolle und die Begrenzung nuklearer Sprengköpfe an. Einen Tag nach der Ankündigung verankerte Russland die Aussetzung des Vertrages gesetzlich. Die Abgeordneten des Parlaments in Moskau verabschiedeten ein entsprechendes Gesetz am Mittwoch einstimmig.

Medwedew teilte mit, diese Entscheidung sei eine Folge dessen, dass die USA und andere Nato-Staaten Russland den Krieg erklärt hätten. Westliche Staaten haben Russland nicht den Krieg erklärt und betonen auch immer wieder, in der Ukraine keine Kriegspartei werden zu wollen. Russland war am 24. Februar 2022 in das Nachbarland einmarschiert.

»New Start«-Vertrag: Aussetzung, kein Ausstieg

Russland hatte immer wieder vor einem neuen atomaren Wettrüsten wie im Kalten Krieg gewarnt, sollte »New Start« enden. Putin betonte, dass es sich aktuell um eine Aussetzung handele und nicht um einen Ausstieg aus dem noch bis 2026 geltenden Vertrag.

Ex-Präsident Medwedew warnte nun vor weitreichenden Folgen für die Welt, sollte Russland aus dem Abkommen aussteigen. Zugleich sagte er, dass bei den bisherigen Abkommen der beiden größten Atommächte Russland und USA nukleare Sprengköpfe der Nato-Staaten Frankreichs und Großbritannien nicht berücksichtigt seien. Es sei aber längst Zeit, das zu tun, betonte Medwedew. Auch Putin hatte das am Vortag in seiner Rede gefordert.

Der »New Start«-Vertrag begrenzt die Atomwaffenarsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1550 einsatzbereite Sprengköpfe. Zudem ist geregelt, dass Washington und Moskau Informationen über ihre strategischen Atomwaffenarsenale austauschen und bis zu 18 Verifikationsbesuche pro Jahr abhalten dürfen.

© dpa-infocom, dpa:230222-99-690210/4