Logo
Aktuell Ausland

Eskalation zwischen Israel und Hisbollah »unwahrscheinlich«

Die USA rechnen laut einem Medienbericht nicht mit einem größeren Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon. Diese werde den Terrorangriff aber für sich nutzen, warnt ein Experte.

Die libanesische Hisbollah
Pro-iranische Hisbollah-Kämpfer legen während einer inszenierten Militärübung in einem Lager im südlibanesischen Dorf Aramta einen Eid ab. Foto: Marwan Naamani/DPA
Pro-iranische Hisbollah-Kämpfer legen während einer inszenierten Militärübung in einem Lager im südlibanesischen Dorf Aramta einen Eid ab.
Foto: Marwan Naamani/DPA

US-Geheimdienste haben eine militärische Eskalation zwischen der schiitischen Miliz Hisbollah im Libanon und dem israelischen Militär noch zu Beginn des Jahres als »unwahrscheinlich« eingeschätzt. Das berichtete die »Washington Post« am Donnerstagabend (Ortszeit) unter Berufung auf ein ihr vorliegendes Geheimdienstdokument aus dem Februar. Selbst in Zeiten erhöhter Spannungen hätten beide Seiten in der Vergangenheit das Ziel verfolgt, »Stärke zu demonstrieren und gleichzeitig eine Eskalation zu vermeiden«, hieß es.

Seit einem Abkommen zwischen Israel und dem Libanon zur gemeinsamen Seegrenze Ende 2022 habe sich eine Haltung der »gegenseitigen Abschreckung« eingestellt, zitierte die Zeitung aus dem Dokument. Dazu gehöre, dass Israel Raketen auf unbewohnte Gebiete im Libanon abfeuere oder dass die Hisbollah israelische Drohnen abschieße. Solche Aktionen seien zwar provokativ, zielten aber nicht darauf ab, einen größeren Konflikt auszulösen. Es gebe jedoch Faktoren, die diesen Zustand gefährden könnten, hieß es weiter. Darunter falle die »Unfähigkeit der Hisbollah«, militante palästinensische Gruppen wie die Hamas, die auch im Libanon aktiv ist, in Schach zu halten.

Experte: Hisbollah will »Spielregeln ändern«

Im Großen und Ganzen stimme er der Einschätzung der US-Geheimdienste auch nach dem Angriff der Hamas noch zu, sagte der Terrorismus-Experte Matthew Levitt vom Washington-Institut für Nahostpolitik der Zeitung. Doch es sei bereits sichtbar, dass die mit dem jüdischen Staat verfeindete Hisbollah nun versuche, »die Spielregeln zu ändern«. Die Miliz werde die mangelnde Aufmerksamkeit des israelischen Militärs ausnutzen, es werde immer wieder zu kleineren Vorfällen an der Grenze zwischen beiden Staaten kommen.

In den vergangenen Tagen hatte es nach dem Angriff der im Gazastreifen herrschenden Hamas in Israel mehrere kleine Gefechte zwischen der mit den Islamisten verbündeten Hisbollah und dem israelischen Militär gegeben. Aus Furcht vor einer Eskalation sind bereits viele Menschen im Süden des Libanons geflohen.

Die Hisbollah gilt als weitaus mächtiger als die Hamas. Der Einfluss der hauptsächlich vom Iran finanzierten Organisation reicht tief in den von Krisen gelähmten libanesischen Staat, mit dem sich Israel offiziell im Kriegszustand befindet. Im vergangenen Oktober einigten sich beide Länder auf ein Abkommen zur gemeinsamen Seegrenze im Mittelmeer und beendeten damit einen jahrzehntelangen Streit über Meeresflächen, der sich nach der Entdeckung großer Mengen Erdgas nochmals verschärft hatte.

© dpa-infocom, dpa:231013-99-550624/2