Als erstes deutsches Regierungsmitglied seit mehr als zwei Jahrzehnten besucht Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Taiwan. Die FDP-Politikerin begann am Montag ihre mehrtägige Reise in den demokratisch regierten Inselstaat. In der Hauptstadt Taipeh sind am Dienstag und Mittwoch Gespräche mit Regierung, Wissenschaft und Wirtschaft geplant.
Nach Angaben der Bundesregierung ist es der erste deutsche Besuch eines Kabinettsmitglieds seit 1997. Damals war der inzwischen verstorbene Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) in Taiwan.
Vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen China und Taiwan hat die Reise Signalwirkung. Taiwan betrachtet sich als unabhängig, für China gehört die Insel zur Volksrepublik. Peking lehnt jede Form offizieller diplomatischer Kontakte zwischen Taiwan und anderen Ländern ab. Das Bildungsministerium betonte vorab, es handele sich um einen »Fachbesuch«. Schwerpunkt sei der Austausch über verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Halbleiterforschung, grüner Wasserstoff und Batterieforschung. Stark-Watzinger selbst sprach von einer »erkundungs- und forschungspolitischen« Reise.
»Lassen uns nicht von China die Spielregeln diktieren«
Der menschenrechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Peter Heidt, verteidigte die Reise. »Es ist selbstverständlich das Recht einer jeden Ministerin und eines jeden Ministers, mit anderen Ländern und Regionen in einen Austausch zu gehen«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Gerade bei Halbleitern sei Taiwan ein extrem wichtiger Partner. »Schon deshalb können und werden wir uns von China nicht die Spielregeln diktieren lassen.«
Begleitet wird die FDP-Politikerin vom Vorsitzenden des Bildungs- und Forschungsausschusses, Kai Gehring. Der Grünen-Politiker bezeichnete eine engere Kooperation mit Taiwan in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung als »sehr sinnvoll«. »Im Rahmen der deutschen Ein-China-Politik gilt es, die wissenschaftliche, innovations- und technologiepolitische Zusammenarbeit zwischen Berlin und Taipeh zum Nutzen beider Seiten intensiv fortzusetzen und ihre weitere Vertiefung auszuloten.«
Chinesische Botschaft verärgert
Die chinesische Botschaft in Berlin hatte sich vorab über die Reise verärgert gezeigt und Deutschland aufgefordert, »sich ohne Abstriche an das Ein-China-Prinzip zu halten«. Die Ein-China-Doktrin der kommunistischen Führung in Peking erlaubt es keinem Land, Beziehungen sowohl mit der Volksrepublik als auch mit Taiwan zu unterhalten.
Deutschland hat wie die meisten Länder offiziell keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Es bestünden unterhalb der Schwelle der völkerrechtlichen Anerkennung enge und gute Beziehungen, hieß es vor der Reise vom Auswärtigen Amt. Regelmäßiger Austausch und gegenseitige Besuche von Ministern seien »völlig normal«. Taiwan ist Deutschlands fünftwichtigster Handelspartner in Asien.
Nach der Invasion Russlands in die Ukraine gibt es zunehmend Sorgen, dass China ähnlich gegen Taiwan vorgehen könnte. Ein Krieg um Taiwan könnte große Auswirkungen haben - auch auf Deutschland. Chinas Präsident Xi Jinping traf am Montag zum Staatsbesuch in Moskau ein. Im Falle eines Angriffs auf Taiwan würden auch die USA in den Konflikt gezogen, weil sie sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet haben.
Kommende Woche will Taiwans Ex-Präsident Ma Ying-jeou nach China reisen. Ma ist Mitglied der taiwanischen Oppositionspartei Kuomintang (KMT) und regierte die Inselrepublik bis 2016. Unter seiner Führung näherten sich Taiwan und China vorübergehend an.
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