Angesichts hoher Corona-Infektionszahlen bereiten erste Länder längere Schutzauflagen nach dem umstrittenen neuen bundesweiten Rechtsrahmen vor.
In Mecklenburg-Vorpommern mit der aktuell höchsten Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 2400 sollen wesentliche Maßnahmen wie die Maskenpflicht in Innenbereichen und Testvorgaben für Ungeimpfte in der Gastronomie bis zum 27. April fortdauern, wie Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung mitteilte. Auch Hamburg will die Maskenpflicht in Innenräumen über den 2. April hinaus fortsetzen.
Hintergrund ist die neue bundesweite Rechtsgrundlage, die die Ampel-Koalition unter offenem Protest der Länder am Sonntag in Kraft gesetzt hatte. Zunächst können alle Länder noch eine Übergangsfrist bis längstens zum 2. April nutzen, in der bisherige Regeln bestehen bleiben. Grundsätzlich sind ihnen dann nur noch wenige allgemeine Schutzvorgaben im Alltag etwa zu Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen wie Pflegeheimen und Kliniken möglich. Für regionale »Hotspots« kann es aber weitergehende Beschränkungen geben, wenn das Landesparlament für diese eine kritische Lage feststellt.
Baden-Württemberg verzichtet
In Mecklenburg-Vorpommern sollen alle sechs Landkreise und die Städte Rostock und Schwerin als Hotspots eingestuft werden, wie Ministerin Drese sagte. In allen Regionen sei eine »epidemische Ausbreitung« der Corona-Erkrankungen zu sehen. Der Landtag muss die Pläne zuvor absegnen. Auch der Stadtstaat Hamburg will die Hotspot-Regel nutzen. Dafür muss die Bürgerschaft zuerst die »Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage« feststellen, wie es vom Senat hieß.
In Baden-Württemberg sollen dagegen ab 3. April die meisten Maßnahmen wegfallen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sieht durch das neue Infektionsschutzgesetz keine Grundlage mehr für eine landesweite Verlängerung etwa der Maskenpflicht. Auch regionale Auflagen für Hotspots stünden zunächst nicht an. »Im Moment sind wir von einer Überlastung der Krankenhäuser und Intensivstationen noch weit entfernt«, sagte der Grünen-Politiker. Er schloss aber nicht aus, zu regionalen Auflagen zu greifen, wenn die Pandemie sich zuspitze.
Bayern lässt vorerst offen, wie es nach dem 2. April weitergeht. Gesundheitsminister Klaus Holetschek wollte sich nach Beratungen des Kabinetts noch nicht dazu äußern, ob und wie der Freistaat von der Hotspot-Regel Gebrauch machen könnte. Der CSU-Politiker kritisierte, schon zwischen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) gingen Äußerungen auseinander, ob man ein ganzes Land zum Hotspot erklären könnte. Diesen Widerspruch müssten die Ampel-Parteien auflösen.
Lauterbach für Hotspot-Ausweisung
Buschmann betonte in den »Westfälischen Nachrichten« (Dienstag): »Man kann eine Stadt, einen Kreis oder mehrere Kreise als Hotspot benennen.« Theoretisch könne man auf diese Weise auch ein ganzes Bundesland zur Hotspot-Region erklären. Dann müssten aber auch flächendeckend die Voraussetzungen vorliegen. Eine Landesregierung könne nicht sagen: »Nur weil es in einem Zipfel des Landes eine schwierige Lage gibt, erkläre ich gleich alle Kreise zum Hotspot.«
Lauterbach (SPD) hatte die Länder ermuntert, von der Regel Gebrauch zu machen. »Es wird nicht so sein, wie es oft dargestellt wird, dass der Landtag für jeden Hotspot zusammenkommt.« Man kenne die Hotspots, daher könne der Landtag in einer Sitzung Regeln für alle beschließen.
Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens kritisierte, der Bund habe dem Land die Schutzmaßnahmen aus der Hand genommen. »Sowie wir eine Chance sehen, eine rechtssichere Hotspot-Regelung in Niedersachsen zu schaffen, werden wir sie dem Landtag vorlegen«, sagte die SPD-Politikerin. Derzeit sehe man diese Chance aber nicht.
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