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Erdogan sieht günstige Atmosphäre für EU-Annäherung

Die Türkei will Gespräche mit der EU führen - ein guter Zeitpunkt, findet Präsident Erdogan. Aber ist die Aufnahme der Türkei in die EU überhaupt realistisch?

Erdogan - Türkei
Recep Tayyip Erdogan ist der Präsident der Türkei. Foto: Pavel Golovkin/DPA
Recep Tayyip Erdogan ist der Präsident der Türkei.
Foto: Pavel Golovkin/DPA

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will sich dem Westen wieder annähern. »Es herrscht eine günstige Atmosphäre für die Wiederbelebung unseres Beitrittsprozesses zur Europäische Region«, sagte Erdogan nach Angaben seines Büros auf dem Rückflug vom Nato-Gipfel in Vilnius vor mitreisenden Journalisten.

Die Türkei wolle bald »konkrete Ergebnisse« in Gesprächen mit der EU, die nach dem »Win-win Prinzip« geführt werden sollten. Auch in den Beziehungen zu den USA sehe er eine neue Dynamik, sagte Erdogan.

Die EU hatte bereits 2005 mit der Türkei Beitrittsgespräche begonnen. Diese wurden allerdings vor einigen Jahren wieder auf Eis gelegt, weil Brüssel inakzeptable Entwicklungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit sah. Eine Aufnahme der Türkei in die EU gilt derzeit als unrealistisch.

Seit dem Umbau in ein Präsidialsystem 2018 hat Erdogan weitreichende Vollmachten. Parlament und Institutionen sind geschwächt. Die Türkei missachtet zudem Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieser hatte etwa die Freilassung des inhaftierten Kulturförderers Osman Kavala sowie des Oppositionspolitikers Selahattin Demirtas angeordnet.

Wirtschaftliche Motive?

Beobachter sehen in Erdogans Vorstoß auch wirtschaftliche Motive. Erdogan benötigt angesichts einer massiven Inflation und dem Wiederaufbau in der Erdbebenregion Investitionen aus dem Westen.

Erdogan hatte am Montag kurz vor dem Nato-Gipfel für Aufregung gesorgt, weil der seine Zustimmung zum Nato-Beitritt Schwedens überraschend an eine Wiederaufnahme der Beitrittsgespräche mit der EU knüpfte. Seine Blockadehaltung gab Erdogan noch vor dem Gipfel auf. Das türkische Parlament muss die Beitrittsprotokolle aber noch ratifizieren und befasst sich voraussichtlich erst im Oktober mit dem Thema.

© dpa-infocom, dpa:230713-99-391661/2