Fünf Tage nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien steigt die Zahl der Todesopfer und Verletzten unaufhörlich weiter.
In beiden Ländern zählten die Behörden bis zur Nacht auf Samstag 23.597 Tote und 84.962 Verletzte. Überlebende dürfte es unter den tonnenschweren Trümmerhaufen eingestürzter Gebäude nur noch wenige geben.
Am frühen Montagmorgen hatte ein Beben der Stärke 7,7 das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert, gefolgt von einem weiteren Beben der Stärke 7,6 am Mittag. Alleine in der Türkei wurden bis zuletzt 20.213 Tote und 80.052 Verletzte gezählt. Aus Syrien wurden 3384 Tote gemeldet. Da Menschen im Regelfall kaum länger als drei Tage ohne Wasser überleben können und die Vermisstenzahlen noch immer sehr hoch sind, ist zu befürchten, dass die Opferzahlen noch drastisch steigen werden.
Immer noch berührende Wunder
Und doch gibt es sie noch: berührende Einzelschicksale, die nimmermüden Rettungskräften und verzweifelten Angehörigen Hoffnung machen. So zogen Helfer in Kahramanmaras 112 Stunden nach dem Beben einen 46 Jahre alten Mann aus der Ruine eines siebenstöckigen Gebäudes, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. In der Provinz Gaziantep wurde eine verschüttete Schwangere nach 115 bangen Stunden vor dem Tod bewahrt. Ebenfalls in Gaziantep bargen Retter ein neunjähriges Mädchen nach 108 Stunden aus dem Schutt - für ihre beiden Eltern und ihre Schwester kam jedoch jede Hilfe zu spät.
»Deutschland trauert mit den Menschen in Türkiye«, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in das Kondolenzbuch in der türkischen Botschaft in Berlin, wie er über Twitter mitteilte. »Wir werden jede mögliche Unterstützung leisten, um in diesen schweren Stunden zu helfen.«
Nach Angaben des türkischen Vize-Präsidenten Fuat Oktay sind inzwischen mehr als eine Million Menschen in Behelfsunterkünften untergebracht. Rund 160.000 Such- und Rettungskräfte seien im Einsatz, teilte die Katastrophenschutzbehörde Afad mit. Aus dem Ausland seien mehr als 7700 Helfer ins Erdbebengebiet geschickt worden.
Özdemir für schnelle Visa-Erleichterungen
Bundesagrarminister Cem Özdemir sprach sich für rasche Einreise-Erleichterungen aus, damit Betroffene des Erdbebens zu Angehörigen nach Deutschland kommen können. »Viele Menschen in Deutschland haben Verwandte in der Katastrophenregion und sorgen sich verzweifelt um sie«, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Die Bundesregierung hatte eine »pragmatische Lösung« bei der Visa-Vergabe an Überlebende der Erdbebenkatastrophe in Aussicht gestellt.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kündigte am Freitag an, vom Erdbeben betroffenen Menschen mit Verwandten in der Hauptstadt die Einreise nach Deutschland zu erleichtern. Sie sollen schneller als sonst das nötige Visum erhalten können. Dazu erließ die Berliner Senatsinnenverwaltung eine sogenannte Globalzustimmung, die sonst erforderliche Beteiligung des Berliner Landesamts für Einwanderung entfällt. Auf den Nachweis von Deutschkenntnissen werde verzichtet, hieß es. Die Regelung betreffe nahe Angehörige wie minderjährige Kinder sowie Ehepartner und -partnerinnen. Die Beschleunigung der Visa-Erteilung gilt demnach bis zum 31. Juli 2023.
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