200 Milliarden Euro hat der Bund eingeplant, um bis 2024 die explodierten Energiepreise für die Bürger abzufedern - mehr als die Hälfte davon will Finanzminister Christian Lindner schon im kommenden Jahr ausgeben.
Das geht aus dem Wirtschaftsplan für den sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds hervor, der der Deutschen Presse-Agentur zusammen mit dem überarbeiteten Haushaltsentwurf für 2023 vorliegt. Demnach sind für 2023 schon mehr als 120 Milliarden Euro aus dem Topf verplant.
Der Großteil soll auf die geplanten Preisbremsen für Strom und Gas entfallen. Konkret: 40,3 Milliarden für die Gaspreisbremse und 43 Milliarden Euro für billigeren Strom. Für die Beteiligung des Staates am angeschlagenen Gasimporteur Uniper sind 15,2 Milliarden Euro vorgesehen. Dazu kommen 8,5 Milliarden für die möglicherweise notwendige Stabilisierung anderer Energieversorger.
Entwicklung der Energiepreise zentral
Weitere Milliarden fließen in Härtefallfonds etwa zur Unterstützung von Krankenhäusern, Mietern, Kultureinrichtungen und Universitäten. Wie viel von dem Geld tatsächlich gebraucht wird, dürfte stark von der Entwicklung der Energiepreise abhängen.
Mit dem aktualisierten Entwurf des Finanzministeriums befasst sich in dieser Woche der Haushaltsausschuss des Bundestages, der dann letzte Hand an den Etat für 2023 anlegt. In dem mehr als 500 Seiten starken Papier schlägt Lindner weitere milliardenschwere Mehrausgaben in einzelnen Ministerien vor, die sich seit Verabschiedung des ersten Entwurfs im Juli ergeben haben.
Dazu zählen rund 153 Millionen Euro mehr als geplant für Integrationskurse für ukrainische Flüchtlinge. Außerdem sind rund 140 Millionen Euro mehr für die Rohölversorgung der für Nordostdeutschland wichtigen Raffinerie PCK Schwedt vorgesehen.
Auch die geplante Einführung einer Aktienrente für 10 Milliarden Euro und das noch umstrittene Bürgergeld mit Mehrkosten von 2,9 Milliarden werden bereits abgebildet. Dazu tauchen der Heizkostenzuschuss und die Wohngeldreform mit Kosten von 2,2 Milliarden Euro auf. Die Entscheidung, den CO2-Preis im kommenden Jahr nicht ansteigen zu lassen, kostet den Bund laut Entwurf zudem rund 2 Milliarden Euro.
Wie viele Schulden Lindner aufnehmen darf - unklar
Wie viele Schulden Lindner im kommenden Jahr trotz Schuldenbremse aufnehmen darf und will, geht aus der Vorlage nicht hervor. Es ist jedoch absehbar, dass wegen der schlechten Konjunkturerwartung mehr Kredite erlaubt sind als bisher gedacht. Im Gegenzug muss Lindner aber auch mit mehr Ausgaben rechnen. Allein Zinszahlungen für alte Kredite dürften sich dem Finanzminister zufolge auf 38 Milliarden Euro summieren - fast zehnmal so viel wie 2021.
Der Linken-Politiker Christian Leye betonte am Montag: »Es ist richtig, dass endlich Geld in die Hand genommen wird, damit die Menschen nicht mit der Gasrechnung alleine gelassen werden.« Allerdings reiche es wahrscheinlich nicht aus. Für viele Menschen könne die Zeit zwischen der Einmalzahlung der Gasrechnung im Dezember und der geplanten Preisbremse im Frühjahr zum Problem zu werden. Die Bundesregierung hat angekündigt, dass sie die Preisbremse möglichst rückwirkend zum Februar scharf stellen möchte. Im Januar gäbe es dann keine staatliche Hilfe. Allerdings wird argumentiert, die Übernahme des kompletten Abschlags vom Dezember gleiche das mehr als aus.
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