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Ein »Haushaltsrätsel«: Lindner bringt Etat für 2022 ein

Der erste Haushalt von Finanzminister Lindner hat keine lange Halbwertszeit: Schon bald soll ein Update mit Entlastungen beim Tanken und Heizen kommen. Doch darum ringt die Ampel noch.

Bundestag - Beginn Haushaltswoche
Christian Lindner (r, FDP), Bundesminister der Finanzen, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterhalten sich während der Sitzung des Bundestags. Foto: Kay Nietfeld
Christian Lindner (r, FDP), Bundesminister der Finanzen, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterhalten sich während der Sitzung des Bundestags.
Foto: Kay Nietfeld

Finanzminister Christian Lindner hat den Bürgern weitere Entlastungen wegen der hohen Preise und der Ukraine langfristige Aufbauhilfen zugesichert.

Der FDP-Chef brachte am Dienstag seinen ersten richtigen Haushaltsentwurf ins Parlament ein. Bis Freitag debattiert der Bundestag nun über Finanzpläne, die schon bald veraltet sein werden. Denn Lindner will wegen des Kriegs in der Ukraine einen Ergänzungshaushalt vorlegen, über den humanitäre Hilfe und ein neues Entlastungspaket finanziert werden sollen. Die Opposition kritisierte daher, er bringe keinen Haushalt, sondern lediglich ein »Haushaltsrätsel« ins Parlament ein.

Klar ist: Die Kreditaufnahme von 99,7 Milliarden Euro, die der Finanzminister dem Bundestag mit gewissem Stolz präsentierte, wird nicht haltbar sein. Vorerst sieht sein Etat für das laufende Jahr Ausgaben von 457,6 Milliarden Euro vor. Die von der Vorgängerregierung eingeplanten, coronabedingten Schulden würden erst einmal nicht übertroffen, obwohl einige teure Vorhaben eingepreist wurden, sagte Lindner. Das gelinge durch eine engagierte Prioritätensetzung. Ziel sei, dass nach Jahren mit Krisenhaushalten eine Rückkehr zur Normalität gelinge. Ab 2023 soll die Schuldenbremse wieder regulär eingehalten werden.

Verschiedene Vorschläge für Entlastung

In den Ergänzungshaushalt will Lindner deshalb auch nur Maßnahmen aufnehmen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Folgen des Ukraine-Kriegs stehen. Also etwa humanitäre Hilfe in der Ukraine und ihren Nachbarländern, die viele Flüchtlinge aufnehmen. Und das Entlastungspaket für die Bürger, um das SPD, Grüne und FDP seit Tagen ringen und für das sie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur jetzt sogar den Koalitionsausschuss anrufen. Unterschiedliche Vorschläge liegen auf dem Tisch, von einem Zuschuss beim Tanken über ein generelleres Mobilitätsgeld bis hin zu höheren Einmalzahlungen für Bedürftige.

»Wir sind uns als Koalition einig: Weitere Entlastungen werden kommen«, versicherte Lindner. Er erwarte eine Kombination unterschiedlicher Ideen, »weil die Lebenslagen in unserem Land eben auch sehr unterschiedlich sind«. Wegen der steigenden Lebensmittelpreise halte er es zum Beispiel für richtig, die Situation der Grundsicherungsempfänger noch einmal zu betrachten.

Zugleich hält Lindner an einer Entlastung für Autofahrer fest. Unterschiedliche Regelungen seien denkbar, neben dem von ihm vorgeschlagenen Tank-Zuschuss auch steuerliche Maßnahmen - allerdings nicht die von der Union vorgeschlagene deutliche Senkung der Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe, die gegen EU-Recht verstoße. Lindner nannte in dem Zusammenhang das schwedische Modell mit gesenkten Energiesteuern und einer Einmalzahlung an Pkw-Halter. »Für uns ist wichtig das Ziel, nicht wichtig ist das einzelne Mittel«, sagte er.

Union: Keine echte Lösung

Die Union kritisierte, die Ampel-Koalition habe keine echte Lösung zur Abmilderung der explodierenden Preise. Dabei verdiene der Staat über Steuern daran mit. »Ich rate Ihnen: Geben Sie den Menschen ihr Geld zurück«, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Er warnte vor einer Rekordverschuldung und betonte: »Was Sie heute hier vorgestellt haben, das ist kein Haushalt zum Beraten, sondern ein Haushaltsrätsel, das es zu erraten gilt.« Dies sei zu wenig.

Auch die Haushälterin der Linken, Gesine Lötzsch, kritisierte, der Haushalt gebe auf akute Probleme keine Antwort. Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow vermisst eine soziale Komponente. »Kanzler Scholz spricht gerne von Respekt für diejenigen Menschen, die weniger haben«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. »In den Haushaltsplänen der Bundesregierung schlägt sich dieser Respekt überhaupt nicht nieder.« Stattdessen habe Scholz schnell 100 Milliarden Euro für Aufrüstung versprochen. Das Geld soll allerdings nicht über den Haushalt, sondern an der Schuldenbremse vorbei über ein Sondervermögen aufgenommen werden. Dafür will die Koalition auch das Grundgesetz anpassen.

Wenig Begeisterung bei den Grünen

Die Debatte im Bundestag zeigte, wie SPD, Grüne und FDP nach etwas mehr als 100 Tagen in der Ampel-Koalition zusammenarbeiten. Zwar verteidigten die Ampel-Haushälter grundsätzlich Lindners Entwurf. Doch gab es vor allem bei den Grünen wenig Begeisterung, als Lindner betonte: »Wir müssen zurück zum Prinzip, dass der Wohlstand erst erwirtschaftet werden muss, bevor er verteilt werden kann.«

Der Haushälter der Grünen, Sven-Christian Kindler, versicherte, der Bund lasse die Menschen nicht allein, »und es wird auch nicht am Geld scheitern«. Zuvor hatte er sich bereits skeptisch geäußert, ob die Schuldenbremse ab 2023 wirklich wieder gelten solle. SPD-Haushälter Dennis Rohde betonte ebenfalls: »Für uns ist Haushaltspolitik kein Selbstzweck. Es geht nicht um das blinde Erreichen irgendwelcher Kennzahlen.«

Der Haushälter der Union, Christian Haase, folgerte aus dem Haushaltsentwurf, Geld sei offenkundig »der einzige Kitt, der diese Koalition zusammenhält«. Wo immer ein Problem auftauche, versuchten SPD, Grüne und FDP es mit Geld zu lösen. Das habe, so musste er zugeben, aber auch die vorherige Bundesregierung aus Union und SPD nicht anders gehandhabt.

© dpa-infocom, dpa:220322-99-623921/5