Aus Protest gegen den russischen Krieg in der Ukraine haben Diplomaten in Genf vor der Rede des russischen Außenministers Sergej Lawrow den Saal des UN-Menschenrechtsrats verlassen.
An der vorab koordinierten Aktion waren die deutsche Botschafterin Katharina Stasch sowie Dutzende weitere Delegationen beteiligt.
»Der Menschenrechtsrat darf nicht als Plattform für Desinformation missbraucht werden«, sagte Stasch anschließend. »Die grotesken Behauptungen von Außenminister Lawrow müssen als das bloßgestellt werden, was sie sind: eine zynische Verdrehung der Tatsachen.«
Lawrow, der per Videolink zugeschaltet war, verlas eine lange Erklärung, in der er den Angriff auf die Ukraine mit Menschenrechtsverletzungen auf ukrainischer Seite rechtfertigte. Er wollte zunächst persönlich an der Sitzung teilnehmen. Die Reise wurde dann mit Verweis auf die Sperrung des europäischen Luftraums für russische Maschinen abgesagt. Der Menschenrechtsrat hatte am Montag mit seiner regulären Frühjahrssitzung begonnen.
In seiner Rede warf Lawrow der Ukraine jahrelange Terrorisierung Angehöriger der russischen Minderheit vor. Ihre Menschenrechte seien auf vielfältige Weise verletzt worden. Der Westen habe nicht nur zugeschaut, sondern dies unterstützt. Er erwähnte mehrfach die USA, Kanada und die Europäische Union. Seit Mitte Februar seien mehr als 100.000 Menschen aus der Region Donbass nach Russland geflohen.
Die Regierung in Kiew wolle ihr Land in ein »Anti-Russland« verwandeln, »um dem Westen zu gefallen«, sagte Lawrow nach der englischen UN-Übersetzung seiner Rede. Die westlichen Länder seien »besessen« von Sanktionen, die Lawrow als illegal bezeichnete. Sie zielten nach seiner Darstellung auf das normale Volk ab. »Der Westen hat eindeutig die Kontrolle über sich selbst verloren, weil er seine Wut an Russland auslassen will«, sagte Lawrow laut Übersetzerin.
US-Außenminister Antony Blinken wies Versuche Russlands zurück, den Angriff auf die Ukraine als Verteidigung der Menschenrechte darzustellen. Vielmehr verletze Russland diese Rechte sowohl auf der annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim als auch im eigenen Land, sagte Blinken später in seiner Videobotschaft an den Rat. Auf der Krim gebe es außergerichtliche Tötungen, willkürliche Festnahmen, Folter und Menschen würden verschwinden. In Russland würden Aktivisten gegen die Korruption und Gegner der Regierung verfolgt.
Sitzung des UN-Menschenrechtsrates
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