Die niederländische Finanzministerin und Vize-Regierungschefin Sigrid Kaag verlässt wegen Einschüchterungen und Drohungen die Politik. Nach dem Bruch der Regierung stehe sie nicht mehr als Spitzenkandidatin für die linksliberale Partei D66 zur Verfügung, teilte Kaag in Den Haag mit.
»Für mich war die vergangene Zeit neben Liebe und Wertschätzung auch von Hass, Einschüchterung und Drohungen begleitet«, erklärte die 61-Jährige. Bis zur Wahl und dem Antreten einer neuen Regierung bleibt sie aber im Amt.
Im Interview der Zeitung »Trouw« beklagte Kaag unter anderem Frauenfeindlichkeit. »Der Widerstand, fürchte ich, sagt etwas über das gesellschaftliche Klima in den Niederlanden aus. Frauenfeindlichkeit gibt es leider. Vor allem, wenn Frauen es wagen, ihren Kopf herauszustrecken.«
Wie die Zeitung schrieb, würden zwar auch andere niederländische Politiker in ihrem Privatumfeld bedroht. Kaag aber habe im Vergleich die meisten Hassnachrichten erhalten. In einer Fernsehsendung hätten ihre beiden Töchter sie deshalb kürzlich bereits aufgerufen, die Politik an den Nagel zu hängen. Sie fürchteten um das Leben ihrer Mutter.
Die niederländische Vier-Parteien-Koalition war am vergangenen Freitag im Streit um die Migrationspolitik zerbrochen. Am Montag kündigte Premierminister Mark Rutte überraschend seinen Rückzug aus der Politik an. Er wird nicht mehr erneut kandidieren, bleibt aber ebenfalls bis zur Aufstellung einer neuen Regierung im Amt. Ein Termin für die Neuwahl steht noch nicht offiziell fest. Wie die Zeitung »De Telegraaf« am Donnerstag unter Verweis auf Regierungskreise berichtete, wird der 22. November angestrebt.
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