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DGB-Chefin: Löhne allein lösen nicht alle Herausforderungen

Welche Rolle spielen die Lohnrunden angesichts des Inflationsdrucks? Deutschlands oberste Gewerkschafterin zeichnet ein differenziertes Bild - und hat eine deutliche Forderung.

Yasmin Fahimi
Yasmin Fahimi im dpa-Interview. Die DGB-Chefin hält unmittelbare Lohnerhöhungen in Zeiten der Inflation für besonders wichtig, sieht aber auch Grenzen. Foto: Britta Pedersen
Yasmin Fahimi im dpa-Interview. Die DGB-Chefin hält unmittelbare Lohnerhöhungen in Zeiten der Inflation für besonders wichtig, sieht aber auch Grenzen.
Foto: Britta Pedersen

DGB-Chefin Yasmin Fahimi hält unmittelbare Lohnerhöhungen in Zeiten der Inflation für besonders wichtig - sieht aber auch Grenzen. »Völlig klar ist, dass die jetzigen Herausforderungen nicht allein mit Lohnpolitik zu lösen sind«, sagte Fahimi der Deutschen Presse-Agentur. »Dann müssten wir mit Lohnforderungen von 15 Prozent und mehr in die Tarifrunden gehen.« Die IG Metall etwa zieht mit einer Forderung nach 8 Prozent mehr Geld in die Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie.

Die Tarifabschlüsse der vergangenen Monate und die aktuellen Lohnforderungen bezeichnete Fahimi als »hoch verantwortungsvoll und alles andere als übertrieben«. In Zeiten der Inflation spiele die Frage der unmittelbaren Lohnerhöhung eine zentrale Rolle.

Weder die Politik noch die Tarifpartner könnten die aktuellen Probleme allein lösen. »Es kommt nun genau auf dieses Zusammenspiel von politischen Entscheidungen und einer Tarifpolitik an, die sich diesen Realitäten stellt«, sagte Fahimi. Die hohe Inflation verschwinde nicht einfach wieder. »Wir können sie auch nicht erst irgendwann später mit einer Reallohnentwicklung nachholen.« Das müsse jetzt gut ausbalanciert werden.

»Zeitenwende in der Tarifbindung«

Tarifverhandlungen gingen über die reine Lohnfrage hinaus. »Da werden viele verschiedene Aspekte miteinander abgewogen - etwa auch der Fachkräftemangel und die Wirtschaftlichkeit.« Es gehe dabei auch um qualitative Aspekte wie Arbeitszeit.

»Es gibt auch jetzt Branchen mit extrem hohen Profiten«, stellte Fahimi fest. »Anderswo werden ganze Produktionslinien geschlossen.« Fahimi verwies auf die Energiepreise und Störungen in den Lieferketten.

»Es muss auch eine Zeitenwende in der Tarifbindung geben«, forderte die Gewerkschafterin unter Anspielung auf die Äußerung von der Zeitenwende von Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine. »Es ist richtig, dass die Bundesregierung in der konzertierten Aktion mit den Sozialpartnern gemeinsame Schritte anstrebt.« Fahimi ist an der von Scholz gestarteten konzertierten Aktion gegen die Inflation beteiligt.

»Aber man kann nicht immer uns als Sozialpartner in die Pflicht nehmen und gleichzeitig dabei zusehen, wie die Tarifbindung in diesem Land darnieder geht«, so die DGB-Chefin. Die Arbeitgeber sollten sich nicht der Beteiligung an ihren Arbeitgeberverbänden und der Tarifgemeinschaft entziehen, forderte Fahimi. Insgesamt entlasteten die Sozialpartner die Politik und sorgten für Kaufkraft und sozialen Frieden. »Die Tarifbindung ist ein hohes Gut, das die Bundesregierung besser schützen muss.«

© dpa-infocom, dpa:220824-99-493902/3