Deutschland zahlt weitere 200 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Ukraine. Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, sagte Entwicklungsstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) die Hilfe bei einem Besuch in der Hauptstadt Kiew und in der Hafenstadt Mykolajiw im Süden des Landes zu.
Das Geld soll für Bildung, in die Gesundheits- und Trinkwasserversorgung sowie den städtischen Wiederaufbau genutzt werden. Die Mittel sollen noch dieses Jahr in verschiedene Programme fließen.
Das Entwicklungsministerium hat damit nach eigenen Angaben seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 rund eine Milliarde Euro für die zivile Unterstützung der Ukraine zur Verfügung gestellt. Aus Sicht der Bundesregierung kann der Wiederaufbau keinesfalls bis zum Kriegsende warten. »Wir müssen beim Wiederaufbau helfen, weil er Teil der inneren Widerstandsbereitschaft der Ukrainer ist«, sagte Entwicklungsstaatssekretär Flasbarth der dpa. Man müsse reparieren, was kaputt gemacht werde - trotz des Risikos der erneuten Zerstörung. »Wir müssen die Botschaft an (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin senden: Egal, wie oft du die Brücke zerstörst - wir werden sie wieder aufbauen.«
Flasbarth ist Beauftragter der Bundesregierung für die Koordinierung der internationalen Wiederaufbaubemühungen in der Ukraine. Der SPD-Politiker machte sich auf seiner Reise vor Ort zwei Tage lang ein Bild von verschiedenen Projekten, die Deutschland unterstützt - von der Stadtplanung über die Minenräumung bis zur Meerwasser-Entsalzungsanlage.
Flasbarth: Es muss ökonomische Perspektiven geben
Deutschland leiste militärische Unterstützung, weil die Ukraine im Abwehrkampf gegen die Russen unsere Werte verteidige und für die Demokratie kämpfe, sagte Flasbarth. »Wenn wir das ernst meinen, müssen wir auch dafür kämpfen, dass die Ukraine ein lebenswertes Land bleibt.« Es müsse ökonomische Perspektiven geben. Die Menschen in der Ukraine brauchten Jobs. Zentrale Wirtschaftszweige wie die Landwirtschaft müssten erhalten bleiben. Der Staatssekretär forderte, dass die Geberplattform der G7-Staaten Geschwindigkeit aufnehme. Die vergangenen Monate sei man dort zu langsam gewesen.
Derzeit gehe es in der Ukraine noch mehr um Reparatur, etwa von zerstörten Pipelines, sagte Flasbarth. Perspektivisch brauche es aber eine strategische Planung für den Wiederaufbau. Er will zwar nicht von einer Chance reden, die im Wiederaufbau für die Ukraine liege - das sei angesichts des Krieges zynisch. Aber: »Es wäre ganz falsch, den Krieg mit seinen Wiederaufbau-Erfordernissen nicht für die Modernisierung zu nutzen.« So müsse die zerstörte Energieinfrastruktur in der Ukraine wiederhergestellt werden, aber auch mit Blick auf erneuerbare Energien dezentraler als jemals zuvor. Das könne man bereits jetzt planen, sagte Flasbarth.
Gleichzeitig plädierte der Staatssekretär dafür, den Fokus trotz der Ereignisse im Nahen Osten nicht zu verlieren. »Der schreckliche Krieg, den die Hamas ausgelöst hat, darf nicht dazu führen, dass wir die Aufmerksamkeit für die Ukraine verlieren. Dann würden wir Putins Handwerk machen«, sagte er. »Selbst wenn weitere Krisen dazukämen, könnten wir die Ukrainer nicht im Stich lassen.« Man werde weiter an der Seite der Ukraine stehen, versicherte Flasbarth.
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