Mehr als eine Woche vor dem geplanten Besuch von Kanzler Olaf Scholz in China ist es zu einer Verstimmung in den deutsch-chinesischen Beziehungen gekommen. Verärgert protestierte die Regierung in Peking gegen den Besuch einer Bundestagsdelegation in Taiwan. Die deutschen Abgeordneten wurden aufgefordert, »umgehend ihre Interaktion mit den separatistischen Unabhängigkeitskräften Taiwans einzustellen«, wie es am Dienstag in Peking in einer Stellungnahme des Außenministeriums zu der Visite hieß.
»Taiwan ist ein unabtrennbarer Teil des chinesischen Territoriums«, wurde betont. Die Weigerung der regierenden Fortschrittspartei (DPP) in Taiwan, den »Ein-China-Grundsatz« anzuerkennen und ihre »ständigen Provokationen mit der Suche nach Unabhängigkeit« seien die eigentlich Ursache der Spannungen in der Meerenge der Taiwanstraße. Das Außenministerium fordere die Bundestagsabgeordneten auf, den »Ein-China-Grundsatz« ernsthaft zu befolgen, hieß es.
Kanzler Scholz nächste Woche in China zu Besuch
Zu seinem ersten China-Besuch als Kanzler wird Olaf Scholz am Freitag nächster Woche in Peking erwartet. Im Mittelpunkt dürften Russlands Einmarsch in der Ukraine, die Rückendeckung Chinas für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Wirtschaftskooperation und auch die chinesischen Drohungen gegenüber Taiwan stehen. Scholz dürfte der erste ausländische Regierungschef eines Mitglieds der Gruppe der großen Industrienationen (G7) werden, der Staats- und Parteichef Xi Jinping nach dessen Wiederwahl auf dem Parteitag trifft.
China betrachtet das 23 Millionen Einwohner zählende Taiwan als Teil der Volksrepublik und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab. Taiwan hingegen sieht sich schon lange als unabhängig an. Die Spannungen hatten jüngst zugenommen. Xi Jinping hatte zuletzt auf dem Samstag zu Ende gegangenen Parteitag erneut mit einer Eroberung Taiwans gedroht.
Scholz soll Menschenrechte in China ansprechen
Zum Abschluss ihrer Gespräche in Taipeh forderten die Abgeordneten den Kanzler auf, in Peking die Menschenrechte insbesondere mit Blick auf die Verfolgung von Minderheiten wie Uiguren und Tibeter, die Unterdrückung der demokratischen Opposition in Hongkong und die Taiwanfrage anzusprechen. Der Leiter der Delegation, Peter Heidt (FDP), sagte, Taiwan stehe im Mittelpunkt des Wettbewerbs der Systeme. Deutschland wolle seinen Austausch mit Taiwan ausbauen.
»Pekings Protest ist bedeutungslos. Taiwan ist ein souveräner Staat«, sagte der taiwanische DPP-Abgeordnete Hung-Lu Chang nach einem Treffen mit den deutschen Abgeordneten über die Reaktion Chinas. »Der parlamentarische Austausch mit anderen Ländern ist berechtigt. Sie kommen nach Taiwan, weil sie für uns sind.«
© dpa-infocom, dpa:221025-99-250347/3