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Deutsche Seenotretter visieren neue Einsätze an

Die deutsche Hilfsorganisation SOS Humanity will trotz der Probleme mit Italien weiter Flüchtlingen im Mittelmeer helfen. Zugleich herrscht Erleichterung, dass alle Menschen an Land gebracht sind.

Migranten in Italien
Migranten verlassen das unter norwegischer Flagge fahrende Rettungsschiff »Geo Barents«, nachdem sie von den italienischen Behörden im Hafen von Catania auf Sizilien an Land gelassen wurden. Foto: Salvatore Cavalli
Migranten verlassen das unter norwegischer Flagge fahrende Rettungsschiff »Geo Barents«, nachdem sie von den italienischen Behörden im Hafen von Catania auf Sizilien an Land gelassen wurden.
Foto: Salvatore Cavalli

Nach dem gelungenen Abschluss von Catania und trotz des Zwists mit Rom wollen die deutschen Seenotretter von SOS Humanity weiter im Mittelmeer im Einsatz bleiben. »Unsere Arbeit ist nicht vorbei«, sagte Einsatzleiter Till Rummenhohl am Mittwoch, nachdem tags zuvor die letzten 35 auf dem Schiff ausharrenden Migranten aufgrund medizinischer Gutachten an Land gehen durften. Die »Humanity 1« und die Crew verließen den Hafen auf Sizilien am Mittwoch, »um keine weiteren Probleme zu bekommen«, sagte Rummenhohl. Dem Verein und dem aus Bremen stammenden Kapitän drohen Geldstrafen. Ein Boot der Küstenwache eskortierte das Schiff in internationale Gewässer.

Vom Wochenende an war die Situation eskaliert, als Italiens Innenminister jenen Flüchtlingen und Migranten das Verlassen des Schiffes verbot, für die die Behörden keine Notsituation sahen. Neben den 35 Menschen auf der »Humanity 1« hatten mehr als 200 Migranten auf dem Schiff »Geo Barents« ausharren müssen. Italien wollte sie mitsamt den Schiffen fortschicken. Die Crews weigerten sich. Nach zwei Tagen Warten durften die Menschen dann an Land gehen.

SOS Humanity kündigte an, den Kampf weiterzuführen. Zum einen vor Gericht, wo gegen ein Dekret aus Rom geklagt wurde, das ebenjene Unterscheidungen an Bord vorsah. Die Entwicklung vom Dienstagabend ändere nichts daran. »Hier geht es um das Prinzip«, sagte Rummenhohl. Andererseits kündigte er an, trotz der Querelen weiterhin Einsätze auf der für Flüchtlinge gefährlichen Mittelmeerroute anzuvisieren. Zunächst geht es ins spanische Burriana, wo die Crew gewechselt wird - und dann wieder zurück ins zentrale Mittelmeer. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen kündigte an, die »Geo Barents« schnellstmöglich aus Catania wegzubringen, um den nächsten Einsatz vorzubereiten.

Erstmals »beschämt«, einen gute Job gemacht zu haben

Eine Bordärztin erzählte am Mittwoch von der Auswahl zum Verlassen des Schiffes, die die Behörden noch am Wochenende vorgenommen hatten. Männer, die gesund wirkten, durften nicht an Land. »Ich war das erste Mal in meinem Leben beschämt, einen guten Job gemacht zu haben«, sagte die Medizinerin und resümierte: »Je gesünder sie waren, um geringer war die Chance, dass sie das Schiff verlassen durften.«

Anders als die »Humanity 1«, die »Geo Barents« und ein weiteres deutsches Schiff namens »Rise Above«, das 89 Migranten nach Reggio Calabria bringen durfte, war die »Ocean Viking« in Süditalien nicht willkommen. Das Schiff von SOS Méditerranée nahm Kurs auf Frankreich in der Hoffnung, einen Hafen auf Korsika anlaufen zu können. Die Organisation sprach von einem »kritischen und dramatischen Versagen aller europäischen Staaten«, weil manche Migranten schon mehr als zwei Wochen auf dem Schiff ausharren müssten.

Italiens Regierung war zuletzt unter anderem von der Europäischen Union, UN-Organisationen und auch der Bundesregierung zum Einlenken aufgefordert worden. Die neue, ultrarechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni verteidigte ihren migrantenfeindlichen Kurs und bedankte sich bei Frankreich dafür, dass dort Häfen für die »Ocean Viking« und die Menschen an Bord des Schiffs geöffnet werden.

Meloni nannte die Entscheidung des Gesundheitsamts Catania, die Leute an Land zu holen, »bizarr«, wie sie laut Nachrichtenagentur Ansa am Mittwoch zu Parteikollegen sagte. Sie behauptete, bei den Menschen an Bord habe es sich um Migranten und nicht um Schiffbrüchige gehandelt, weshalb es nicht die Pflicht Italiens sei, sie an Land zu lassen.

© dpa-infocom, dpa:221108-99-428899/14