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Der Sohn als Wahlkampf-Ballast: Anklage gegen Hunter Biden

Trockener Alkoholiker, Ex-Junkie, ein Mann mit windigen Geschäften, nun eine Anklage wegen eines gesetzeswidrigen Waffenkaufes: Hunter Biden bereitet seinem Vater politisch zunehmend Probleme.

Joe und Hunter Biden
US-Präsident Joe Biden mit seinem Sohn Hunter in Washington. Foto: Andrew Harnik/DPA
US-Präsident Joe Biden mit seinem Sohn Hunter in Washington.
Foto: Andrew Harnik/DPA

Der Sohn von US-Präsident Joe Biden ist mitten im Wahlkampf mit einer Anklage konfrontiert und wird zunehmend zur politischen Bürde für seinen Vater. Hunter Biden wird zur Last gelegt, er habe bei einem Waffenkauf im Oktober 2018 falsche Angaben gemacht und seine damalige Drogenabhängigkeit verschwiegen. Das geht aus der Anklageschrift gegen den 53-Jährigen hervor, die im Bundesstaat Delaware veröffentlicht wurde.

Womöglich könnten noch weitere rechtliche Probleme wegen mutmaßlicher Steuervergehen folgen. Für die Wahlkampagne des Demokraten Joe Biden für eine zweite Amtszeit stellt das ein Problem dar. Obwohl noch kein genauer Zeitplan für einen möglichen Prozess feststeht, dürfte allein schon die Diskussion darüber in den kommenden Monaten bis zur Wahl im November 2024 lange anhalten.

Hunter Biden macht seit Jahren negative Schlagzeilen: Alkoholsucht, Drogenabhängigkeit, windige Geschäfte, rechtliche Streitigkeiten mit einer Ex-Stripperin über den Unterhalt für ein uneheliches Kind. Die Anklage gegen ihn im Zusammenhang mit dem Waffenkauf ist nun der vorläufige Höhepunkt.

In seiner Autobiografie »Beautiful Things: Meine wahre Geschichte«, die 2021 veröffentlicht wurde, hatte Hunter Biden sein Straucheln auf vielen Ebenen in erstaunlicher Offenheit selbst publik gemacht. Auch deswegen wurde ihm der Waffenkauf von 2018 nachträglich zum Verhängnis. Da er damals laut seinen Memoiren »alle 15 Minuten« Crack konsumierte, hätte er den Revolver vom Typ Colt Cobra nicht erwerben und später nicht behalten dürfen. Die Anklage gegen ihn umfasst nun drei Punkte: eine Falschaussage beim Kauf, Falschaussagen gegenüber dem Händler und später der anhaltende Besitz einer Waffe trotz gesetzeswidrigem Drogengebrauch.

Die lange Vorgeschichte

Hunter Biden ist seit längerem im Visier der Justiz. Jahrelang liefen Ermittlungen gegen ihn, unter anderem wegen möglicher Steuervergehen. Im Juni hatte die Staatsanwaltschaft in Delaware schließlich formale Vorwürfe gegen den Präsidentensohn veröffentlicht. Konkret ging es dabei um den Vorstoß gegen das Waffenrecht - und darum, dass er 2017 und 2018 seine im Bund fällige Einkommenssteuer in Höhe von jeweils mehr als 100.000 US-Dollar nicht rechtzeitig bezahlt haben soll. Damals verkündete die Staatsanwaltschaft zunächst, man habe sich mit Hunter Biden auf eine Vereinbarung verständigt, um einen Prozess in beiden Fällen abzuwenden. Dieser Deal fiel bei einer Anhörung vor Gericht Ende Juli jedoch durch.

Mitte August ernannte US-Justizminister Merrick Garland dann einen Sonderermittler in dem Fall: David Weiss, der bereits zuvor gegen Hunter Biden ermittelt hatte, bekam damit zusätzliche Befugnisse und trieb die Nachforschungen weiter voran. Eine zweite Anklage im Zusammenhang mit den Steuervergehen könnte noch folgen.

Die Bedeutung für den Wahlkampf

Dass der Sohn eines amtierenden US-Präsidenten angeklagt wird, ist an sich bereits höchst ungewöhnlich - wenn nicht beispiellos. Und es ist politisch heikel. In diesen Zeiten gilt das umso mehr: mitten in den Bemühungen seines Vaters um eine zweite Amtszeit und kurz nach der Erhebung von mehreren historischen Anklagen gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump.

In einer Zeit, in der das Land politisch gespalten ist wie selten und das Misstrauen in öffentliche Institutionen enorm, erhoben prominente Republikaner in den vergangenen Monaten den Vorwurf, es gebe in den USA eine Zwei-Klassen-Justiz: Während der führende politische Konkurrent des amtierenden Präsidenten auf juristischem Weg aus dem Weg geschafft werden solle, werde der Sohn des Präsidenten mit Samthandschuhen angefasst, behaupteten sie. Außer acht lassen sie, dass schon im Juli eine Sprecherin des Präsidenten gesagt hatte, dass er im Fall einer Verurteilung seinen Sohn nicht begnadigen würde. Dass Hunter Biden nun wegen eines unrechtmäßigen Waffenkaufes angeklagt wird, geht den Radikalen in der Republikanischen Partei längst nicht weit genug.

Die republikanische Rechtsaußen-Abgeordnete und glühende Trump-Getreue, Marjorie Taylor Greene, etwa warf auf der Plattform X die Frage auf, wo bitte die anderen Anklagen gegen Hunter Biden blieben: wegen »Steuerbetruges«, »Geldwäsche« und missbräuchlicher Auslandsgeschäfte. Die Republikaner rund um Trump nutzen Hunter Biden seit Jahren für politische Angriffe gegen dessen Vater. Nun bekommen sie reichlich neues Material dafür.

Trump selbst wiederum ätzte auf seiner Plattform Truth Social schadenfreudig, die Demokraten hätten mit ihrer juristischen Hexenjagd gegen ihn die Büchse der Pandora geöffnet – der illegale Waffenbesitz sei sicher nur eines der leichtesten Vergehen Hunter Bidens, raunten Trump und die Republikaner. »So traurig!«

Das andere Problem

Im US-Repräsentantenhaus treiben die Republikaner seit Monaten Nachforschungen zu dubiosen Finanzgeschäften Hunter Bidens voran. Und erst vor wenigen Tagen verkündete der republikanische Vorsitzende der Kongresskammer, Kevin McCarthy, unter dem Druck des rechten Flügels seiner Fraktion, er habe nun konkrete Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten angeordnet - wegen der angeblichen Verwicklung in dubiose Auslandsgeschäfte seines Sohnes. Belege haben die Republikaner dafür bislang nicht präsentiert, und derzeit hat die Aktion keinerlei Aussicht auf Erfolg. Doch die Republikaner könnten die Ermittlungen einfach weit ins Wahljahr tragen, um stetig unliebsame Schlagzeilen für Biden zu produzieren. Die vom Verfahren gegen Hunter Biden kommen nun noch hinzu.

© dpa-infocom, dpa:230914-99-199788/6