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Chinas Botschafter in Paris empört Baltenstaaten

Empörung erntet der chinesische Botschafter in Frankreich nicht nur von den Baltenstaaten, denen er schlicht ihre Souveränität abspricht. Auch das französische Außenministerium ist »bestürzt«.

Edgars Rinkevics
Edgars Rinkevics, lettischer Außenminister, spricht mit Journalisten während des Treffens der NATO-Außenminister. Foto: Vadim Ghirda
Edgars Rinkevics, lettischer Außenminister, spricht mit Journalisten während des Treffens der NATO-Außenminister.
Foto: Vadim Ghirda

Die baltischen Staaten haben mit Empörung auf Äußerungen des chinesischen Botschafters in Frankreich reagiert, wonach Ex-Sowjetrepubliken nicht notwendigerweise souverän seien. Wegen der »völlig inakzeptablen« Bemerkungen habe er für Montag den Geschäftsträger der chinesischen Botschaft in Riga einbestellt, teilte Lettlands Außenminister Edgars Rinkevics am Samstagabend auf Twitter mit. Dieser Schritt sei mit Litauen und Estland abgestimmt. »Wir erwarten von chinesischer Seite eine Erklärung und eine vollständige Rücknahme dieser Aussage«, schrieb der Chefdiplomat des baltischen EU- und Nato-Land weiter.

In einem Interview im französischen Fernsehen hatte der chinesische Botschafter Lu Shaye zuvor die Souveränität von Staaten in Frage gestellt, die einst der Teil Sowjetunion waren. Auf die Frage, ob die Krim zur Ukraine gehöre, sagte der Diplomat, es hänge alles davon ab, wie man dieses Problem betrachte. Einer Intervention des Moderators, dass die von Russland seit 2014 besetzte Schwarzmeer-Halbinsel völkerrechtlich ein Teil der Ukraine sei, entgegnete Shaye: »Im Völkerrecht haben selbst diese Länder der ehemaligen Sowjetunion keinen effektiven Status, weil es kein internationales Abkommen gibt, um ihren Status als souveränes Land zu konkretisieren.« 

Frankreich bekundet »volle Solidarität« mit Baltenstaaten

Das französische Außenministerium habe die Aussagen »mit Bestürzung« zur Kenntnis genommen, wie eine Sprecherin mitteilte. »Wir bekunden unsere volle Solidarität mit allen unseren betroffenen Verbündeten und Partnern, die nach jahrzehntelanger Unterdrückung die lang ersehnte Unabhängigkeit erlangt haben.« China müsse nun klären, ob die Äußerung des Botschafters die chinesische Position darstelle. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nannte die Äußerungen »inakzeptabel«. Die EU könne »nur davon ausgehen, dass diese Aussagen nicht die offizielle chinesische Politik repräsentieren«.

»Die Äußerungen des chinesischen Diplomaten sind unverständlich, und wir verurteilen solche Äußerungen gegenüber einem unabhängigen und souveränen Land«, sagte Estlands Außenminister Margus Tsahkna.

Sein litauischer Amtskollege Gabrielius Landsbergis schrieb auf Twitter über einen Mitschnitt des Interviews: »Sollte sich immer noch jemand fragen, warum die baltischen Staaten China nicht vertrauen, «Frieden in der Ukraine zu vermitteln», hier ist ein chinesischer Botschafter, der argumentiert, dass die Krim russisch ist und die Grenzen unserer Länder keine rechtliche Grundlage haben.«

Estland, Lettland und Litauen waren im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Deutschland besetzt. Nach Kriegsende wurden die drei kleinen Ostseestaaten im Nordosten Europas gegen ihren Willen jahrzehntelang zu Sowjetrepubliken. Erst 1991 erhielten sie ihre Unabhängigkeit zurück, seit 2004 gehören sie EU und Nato an.

© dpa-infocom, dpa:230423-99-418291/3