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CDU diskutiert über Umgang mit »Bündnis Sahra Wagenknecht«

Noch ist die Partei der früheren Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht nicht gegründet, da denkt sie schon über eine mögliche Zusammenarbeit mit der CDU in Ostdeutschland nach. Wie die Partei reagiert.

Sahra Wagenknecht
Plant, eine neue Partei zu gründen: Sahra Wagenknecht. Foto: Soeren Stache/DPA
Plant, eine neue Partei zu gründen: Sahra Wagenknecht.
Foto: Soeren Stache/DPA

Die geplante Parteigründung der ehemaligen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sorgt für Diskussionen in der CDU über den Umgang mit dem Bündnis. »Antiamerikanismus, Putin-Nähe und Sozialismus sind völlig unvereinbar mit unserer Haltung«, sagte der stellvertretende Parteichef Andreas Jung der »Welt«.

Der Brandenburger CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann sagte, es gelte, die nächsten Entwicklungen abzuwarten. Wagenknecht hatte sich in der »Zeit« mit Blick auf die Landtagswahlen offen dafür gezeigt, mit ihrem »Bündnis Sahra Wagenknecht« eine Regierung mit der CDU zu bilden, wenn ohne die AfD keine Mehrheit zustande käme. Gewählt wird im kommenden Jahr in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.

Jung fordert »konkrete Lösungen statt nur Problembeschreibung«

CDU-Vize Jung sagte der »Welt«, dass die CDU mit Blick auf die Parteineugründung keine vorauseilenden Beschlüsse fasse. »Wenn Sahra Wagenknecht eine Partei gründet und zu Wahlen antritt, wird sie nicht umhinkommen, klare Antworten auf Herausforderungen zu geben - konkrete Lösungen statt nur Problembeschreibung und Protest.« Erst dann werde man überhaupt Prognosen über das Potenzial einer solchen Partei treffen können.

Wagenknecht hatte bezogen auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der CDU nach der Wahl in Sachsen gesagt: »Im Zweifel ist das vielleicht besser, als wenn (Ministerpräsident Michael) Kretschmer mit der AfD regiert.« Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck prognostizierte gestern Abend in der ZDF-Sendung »Maybrit Illner«: »Die neue Partei wird überall im Osten kräftig absahnen.«

Am Montag hatte Wagenknecht ihren Austritt aus der Linken und Pläne für die Gründung einer neuen Partei bekanntgegeben. Zunächst soll der Verein »Bündnis Sahra Wagenknecht« Spenden dafür sammeln. Die Gründung der Partei ist für Januar vorgesehen. Sie soll nach Wagenknechts Angaben bei der Europawahl im Juni 2024 antreten. Angestrebt wird auch, bei den Landtagswahlen ins Rennen zu gehen.

Unvereinbarkeitsbeschluss auch mit Wagenknecht-Partei?

Die CDU-Politikerin und frühere Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner verwies darauf, dass die CDU einen klaren Unvereinbarkeitsbeschluss mit Blick auf die AfD und die Linkspartei habe. »Das gilt selbstverständlich auch für die Wagenknecht-Partei, die hufeisenmäßig Positionen der AfD und der Linken verschmilzt«, sagte sie der »Welt« und der »Rheinischen Post«.

Der niedersächsische CDU-Chef Sebastian Lechner sagte der »Welt« hingegen, dass es Klärungsbedarf gebe. Unter den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU mit Linken und AfD könne die neue Partei nicht subsumiert werden. »Es müsste für die Wagenknecht-Partei ein eigener Beschluss gefasst werden.«

Verhaltene Reaktionen in Thüringen und Brandenburg

Aus Sicht des Brandenburger CDU-Vorsitzenden Jan Redmann gilt es, die Entwicklungen abzuwarten. »Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir kaum etwas über die Wagenknecht-Partei. Weder über ihre inhaltliche Aufstellung, noch wer in den Ländern personell dafür aufgestellt werden soll«, sagte er der »Bild«. Der Thüringer Landesvorsitzende Mario Voigt sagte, die Gesprächsfähigkeit unter Demokraten sei wichtig, »aber Frau Wagenknecht ist bislang nicht dadurch aufgefallen, Politik für die bürgerliche Mitte zu machen.«

Der frühere Thüringer CDU-Vorsitzende Mike Mohring warnte dagegen, von vornherein jedes Wort zueinander auszuschließen. »Die Mehrheit der Wähler in Thüringen will diese Debatten unter den Parteien erleben«, sagte er dem »Tagesspiegel«.

Merz: Wagenknecht könnte AfD Stimmen abnehmen

Unterdessen traut der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz es Wagenknecht zu, der AfD Stimmen abzunehmen. »Womöglich gelingt es Sahra Wagenknecht, der rechtsextremen AfD einiges an Stimmen wegzunehmen«, sagte er der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«.

»Diese Möglichkeit darf aber über eines nicht hinwegtäuschen: Ich finde die Tatsache sehr beunruhigend, dass wir demnächst zwei populistische Parteien haben werden - eine von rechts und eine von links.« Merz hatte 2018 als Bewerber für den Parteivorsitz selbst gesagt, er traue es sich zu, die AfD zu halbieren.

Auf die Frage, ob die Union angesichts der drei anstehenden Landtagswahlen im Osten ihr Verhältnis zur Linkspartei überdenken müsste, sagte Merz: »Das werden wir nicht tun. Im Augenblick zerstört ja Frau Wagenknecht die Linkspartei.«

Gauck: Wagenknecht macht AfD und SPD Wähler abspenstig

Auch Alt-Bundespräsident Gauck geht davon aus, dass Wagenknecht der AfD Wähler abwerben könnte - und auch der SPD. »Hier entsteht eine Partei, die ausgewählte linke mit nationalpopulistischen Argumenten verbindet - und vor allem den Sozialdemokraten und der AfD Wähler abspenstig machen könnte«, sagte Gauck den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Wie bei der AfD finde man bei ihr ein Verständnis für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, eine Verharmlosung der Bedrohung, die vom »russischen Kriegsbrandstifter« ausgehe.

© dpa-infocom, dpa:231027-99-720370/2