BERLIN. Messehallen, Sportzentren, Hotels: Für einen baldigen Start von Corona-Impfungen sind in ganz Deutschland regionale Zentren eingerichtet worden, über die Impfungen zunächst gebündelt anlaufen sollen.
Bis zu 440 Standorte sollen dafür genutzt werden können, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Landesregierungen ergab. Zehntausende Ärztinnen, Ärzte und weitere Helfer haben sich für Einsätze gemeldet, die Personalrekrutierung läuft demnach aber teils noch. Die Kapazitäten sollen so ausgelegt werden, dass in den Ländern jeweils mehrere Tausend Impfungen am Tag möglich wären.
Allein in Bayern sollen 99 Impfzentren in Betrieb gehen und bis zu 30 000 Impfungen am Tag vornehmen können, wie das Gesundheitsministerium erläuterte. Ebenfalls bis zu 30.000 tägliche Impfungen peilt Hessen mit 28 Impfzentren an. In Berlin sollen bis zu 20 000 Impfungen am Tag möglich werden, die über sechs Zentren laufen. In Hamburg sollen täglich bis zu 7000 Impfungen machbar sein - in einer Messehalle, in der sieben Zentren je nach Bedarf an- und abgeschaltet werden können. Rheinland-Pfalz plant bis zu 7200 tägliche Impfungen über 31 Zentren.
Bund und Länder hatten vereinbart, mit den Impfzentren bis Mitte Dezember weitgehend einsatzbereit zu sein. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Dienstagabend in der ARD, dies sei auch gelungen, Impfzentren und Impfstrukturen stünden nun bereit.
Allerdings gilt das noch nicht überall. In Berlin soll es bis zum 21. Dezember so weit sein, in Brandenburg mit elf geplanten Zentren bis Anfang Januar, wie es von den Behörden hieß. In Baden-Württemberg sollen neun zentrale Impfzentren Mitte Dezember einsatzbereit sein, rund 50 weitere »Kreisimpfzentren« dann ab 15. Januar 2021. In Schleswig-Holstein sollen vorerst 15 Zentren für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt Mitte Dezember startklar sein, insgesamt sind bis zu 29 Zentren vorgesehen - je nach verfügbarer Menge an Impfstoffen.
Spahn setzt auf eine Zulassung des ersten Impfstoffes kurz vor Weihnachten. Danach könnte man seinen Angaben zufolge innerhalb von zwei bis vier Tagen mit ersten Impfungen beginnen - aber in kleinerem Umfang, da vorerst nur begrenzte Impfstoffmengen verfügbar sind. Auch die Impfzentren dürften daher anfangs noch nicht unter Volllast fahren.
Für Einsätze in Impfzentren, die für einige Monate in Betrieb sein sollen, ist extra Personal nötig. Dafür stehen bundesweit Tausende Freiwillige bereit, vielerorts sind Einstellungen aber noch nicht abgeschlossen. Allein im Kassenärzte-Bezirk Westfalen-Lippe in Nordrhein-Westfalen meldeten sich 8000 medizinisch ausgebildete Menschen, mehr als die Hälfte Ärztinnen und Ärzte. In Bayern meldeten sich 6000 Ärzte, in Baden-Württemberg 5000 Ärzte. In Rheinland-Pfalz erklärten sich 3000 Ärzte zum Übernehmen von Diensten bereit. Gesucht werden generell auch Dolmetscher, Reinigungs- und Sicherheitskräfte. Einige Länder machten auf Anfrage keine Angaben zur Personalplanung.
An Impfzentren angedockt werden sollen mobile Impfteams, die etwa in Pflegeheime und Krankenhäuser gehen. In Berlin sind 30 solcher Teams vorgesehen - in Thüringen neben 29 Impfzentren zehn mobile Teams, die auf 15 aufgestockt werden könnten. In Mecklenburg-Vorpommern soll es neben zwölf Zentren je nach Bedarf bis zu 40 mobile Impfteams geben. Im Saarland kommen zu drei Impfzentren jeweils zwei mobile Teams. Im Stadtstaat Bremen mit Bremerhaven sollen zwei Zentren bis zu 2000 Impfungen pro Tag machen können, mobile Teams mindestens 500 pro Tag.
Zu Impfzentren umfunktioniert wurden verschiedenste Gebäude - in Baden-Württemberg beispielsweise ein Baumarkt, eine Tennishalle und das Kulturzentrum Liederhalle in Stuttgart. In Schleswig-Holstein kommen Impfzentren in einen früheren Indoor-Spielplatz, ins Foyer der Musik- und Kongresshalle Lübeck und in ein leer stehendes Gebäude in Flensburg, das eigentlich das Kraftfahrt-Bundesamt nutzen sollte. In Niedersachsen wird eine Jugendherge zum Impfzentrum, in Düsseldorf die Fußball-Arena. In Sachsen-Anhalt wird ein ehemaliger Supermarkt umfunktioniert. In Hessen ist ein früheres Flughafengelände dabei, in Rheinland-Pfalz auch eine Werkshalle von Opel in Kaiserslautern.
Über die Impfzentren nimmt der Staat den Auftakt der Impfungen direkt in die Hand. Hintergrund ist, dass einige Impfstoffe bei minus 70 Grad gekühlt werden, was nicht in jeder Praxis und Apotheke geht. In den Zentren können Impfstoffe in großen Mengen aufgebraucht werden, ehe sie verfallen. Möglich sind spezielle Sicherheitsvorkehrungen. Zudem soll so auch ein Vorrang bestimmter Gruppen beim Impfen klarer durchzusetzen sein als in Arztpraxen, wie Spahn erläuterte. Nach dem Start in zentralen Einrichtungen sollen Impfungen über die Praxen auf breiter Front weitergehen. Wann umgeschaltet werden kann, ist offen. (dpa)