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Bundeswehr soll bis Mai 2024 aus Mali abziehen

Die Militärmachthaber in Mali haben den Blauhelm-Einsatz in ihrem Land immer mehr erschwert. Die Zweifel am Engagement wuchsen in vielen Ländern. Nun sind die Weichen für den Abzug der Bundeswehr gestellt.

Bundeswehreinsatz in Mali
Soldaten der Bundeswehr verlassen einen Platz im Camp Castor in Gao während des Besuchs der Verteidigungsministerin. Foto: Kay Nietfeld
Soldaten der Bundeswehr verlassen einen Platz im Camp Castor in Gao während des Besuchs der Verteidigungsministerin.
Foto: Kay Nietfeld

Der aktuell größte Auslandseinsatz der Bundeswehr neigt sich dem Ende zu: Die Bundesregierung will die deutschen Blauhelm-Soldaten in Mali bis spätestens Mai 2024 abziehen. Dies ergab ein Spitzentreffen unter Leitung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag in Berlin. Damit zieht die Regierung die Konsequenzen aus einem monatelangem Streit mit den Militärmachthabern des westafrikanischen Krisenstaats. Deutschland stellt bislang Soldaten für eine Mission der Vereinten Nationen - derzeit etwa 1200.

Mit einem letzten Mandat des Bundestags sollten im kommenden Jahr die Voraussetzungen für den Abzug geschaffen werden, hieß es nach den Beratungen. Dem Parlament werde vorgeschlagen, das Mandat im Mai 2023 »letztmalig um ein Jahr zu verlängern, um diesen Einsatz nach zehn Jahren strukturiert auslaufen zu lassen«, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Damit solle insbesondere den Wahlen in Mali - geplant für Februar 2024 - Rechnung getragen werden.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) kündigte an, die Bundeswehr wolle Mali »sehr geordnet verlassen« und den politischen Übergangsprozess noch unterstützen. Bei einer Diskussionsrunde der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) sagte sie: »Das bedeutet Sicherheit für die Soldatinnen und Soldaten, die wissen, was auf sie zukommt. Und das bedeutet aber auch Sicherheit für uns im politischen Bereich und eine Zeitenwende in Bezug darauf, dass man eben evaluiert und dann auch wirklich die richtigen Schlüsse zieht.«

Letzter großer Auslandseinsatz

Die Abzugsplan soll auch Meinungsverschiedenheiten zwischen Lambrecht und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beenden, die eine Fortsetzung wollte. Vor allem Grünen-Politiker waren gegen einen Abzug. In Mali sind 1200 deutsche Soldaten in einem UN-Einsatz, der als aktuell gefährlichster der Vereinten Nationen gilt. Nach dem Scheitern des westlichen Engagements in Afghanistan ist dies der letzte große Auslandseinsatz der Bundeswehr.

Zuletzt hatte es wiederholt Auseinandersetzungen zwischen den Militärmachthabern in Mali und der UN-Mission Minusma gegeben. Das 20- Millionen-Einwohner-Land hat seit 2012 nicht weniger als drei Militärputsche erlebt. Seit dem jüngsten Putsch im Mai 2021 wird Mali von einer militärischen Übergangsregierung geführt. Frankreich hat seine Soldaten bereits abgezogen. Großbritannien hat ebenfalls einen Abzug angekündigt. Begründet wurde dies mit wachsenden Sorgen vor einer militärischen Zusammenarbeit Malis mit Russland.

Unterschiedliche Sicherheitslevel

Das Verteidigungsministerium hatte den Bundestag am Montag in einer als Verschlusssache eingestuften Unterrichtung über die Lage in Kenntnis gesetzt. »Die Sicherheitslage in Mali bleibt weiterhin landesweit regional unterschiedlich ausgeprägt. In Gao-Stadt, Sévaré-Stadt und in Koulikoro wird sie mit ausreichend kontrollierbar und in der Hauptstadt Bamako mit überwiegend kontrollierbar bewertet«, hieß es in dem Dokument, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Allerdings werde der Aufklärungsauftrag weiter beschränkt. So sei die Aufklärungsdrohne Heron aufgrund fehlender malischer Fluggenehmigungen zuletzt am 11. Oktober geflogen.

Zuletzt hatte Malis Regierung auch eine geplante Einreise des deutschen Generalinspekteurs Eberhard Zorn - Deutschlands ranghöchster Soldat - praktisch unmöglich gemacht, indem Visaregelungen verschärft worden waren.

Opposition übt Kritik

Kritik an dem Abzugsplan kam von der Opposition. Die Entscheidung sei politisch völlig unkoordiniert und militärisch unvorbereitet, schrieb der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte. Und: »Dieses Vorgehen der Ampel gefährdet die Sicherheit unserer Soldaten in diesem schwierigen Einsatz. Ampel endgültig auf Störung.«

CSU-Außenpolitiker Thomas Erndl sagte der dpa: »Die Bundesregierung kann bisher nicht schlüssig erklären, warum sie ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt diese Entscheidung trifft. Eingebettet in eine Sahel-Strategie ist sie jedenfalls nicht, ebenso wenig ist sie mit Partnern koordiniert.«

Sevim Dagdelen, Linken-Obfrau im Auswärtigen Ausschuss, erklärte, die Entscheidung sei ein Eingeständnis des völligen Scheiterns in Mali. Dagdelen: »Gleichzeitig gefährdet die Ampel die Sicherheit der deutschen Soldaten in unverantwortlicher Weise, indem der komplette Abzug bis weit ins Jahr 2024 verschleppt wird. Das ist inakzeptabel und der Lage vollkommen unangemessen. Die Bundeswehr muss umgehend raus aus Mali.«

© dpa-infocom, dpa:221122-99-622420/4