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Bundestag beschließt großes Paket zu Ausbau des Ökostroms

Seit Jahren kommt der Bau vor allem neuer Windräder in Deutschland nicht voran. Das soll sich nun ändern. Ein großes Reformpaket dürfte aber erst mittel- und langfristig wirken.

Solar- und Windkraft
Ein Windrad steht hinter einem Solarfeld unweit der Autobahn im bayrischen Paunzhausen. Foto: Peter Kneffel
Ein Windrad steht hinter einem Solarfeld unweit der Autobahn im bayrischen Paunzhausen.
Foto: Peter Kneffel

Der Bundestag hat ein umfangreiches Gesetzespaket für einen schnelleren Ausbau des Ökostroms aus Wind und Sonne in Deutschland beschlossen.

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte, das Paket sei das größte im Energiebereich der letzten Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte. Damit würden notwendige und dringend erforderliche Veränderungen umgesetzt.

Die Gesetzesvorhaben müssen noch den Bundesrat passieren. Der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Stromverbrauch soll bis 2030 auf mindestens 80 Prozent gesteigert werden, derzeit liegt er knapp unter 50 Prozent. Um das Ziel zu erreichen, sollen 2 Prozent der gesamten Bundesfläche für Windräder an Land ausgewiesen werden, das ist mehr als eine Verdoppelung. Auf Druck der FDP entfiel das ursprünglich geplante Ziel der Bundesregierung, dass ab dem Jahr 2035 die Stromerzeugung nahezu treibhausgasneutral erfolgen sollte. Das bedeutet, dass dann alle Treibhausgase vermieden oder gespeichert werden müssen.

Unterschiedliche Ziele in den Ländern

Die Länder sollen nun gesetzlich verpflichtet werden, mehr Flächen bereitzustellen. Für die einzelnen Länder gelten unterschiedliche Ziele, weil es unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie gibt. Es gibt Zwischenziele - diese sollten eigentlich Ende 2026 erreicht werden, die Länder bekommen aber nun ein Jahr mehr Zeit. Länder, die ihre Ziele übertreffen, sollen anderen Ländern Flächen per Staatsvertrag übertragen können.

Habeck sprach von einer fairen und gerechten Verteilung. Er sagte zugleich, die Länder würden in die Pflicht genommen. Die Ausbauziele müssten in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gemeinsam getragen werden. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte, es werde nicht mehr möglich sein, dass sich einzelne Länder wegducken. Der CDU-Energiepolitiker Andreas Jung kritisierte, die Ampel regiere nun von oben durch, es sei kein Runder Tisch mit den Ländern organisiert worden.

Ein zentraler Hebel für den Ausbau der Windenergie an Land soll sein, dass erneuerbare Energien künftig als im überragenden öffentlichen Interesse eingestuft sind und offiziell der öffentlichen Sicherheit dienen. Das soll Genehmigungsverfahren beschleunigen und Gerichtsverfahren erleichtern. Gegen neue Windräder wird oft geklagt.

Das Gesetzespaket wird auch »Osterpaket« genannt, weil es vor Ostern vom Kabinett beschlossen wurde. Redner der Ampel-Fraktionen machten deutlich, es seien weitere Reformen nötig. So müssten Planungs-und Genehmigungsverfahren erhöht werden.

Licht und Schatten im Reformpaket

Zu den nun beschlossenen Maßnahmen zählt auch, dass die Anfang Juli auf null Euro gesenkte EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms über die Stromrechnung dauerhaft abgeschafft wird, um Stromkunden zu entlasten. Ökostromanlagen sollen künftig über den Bundeshaushalt subventioniert werden. Die Förderung soll aber mit Vollendung des Kohleausstiegs auslaufen. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP strebt einen früheren Kohleausstieg bis 2030 an, bisher ist er spätestens 2038 geplant.

Deutlich erhöht werden soll auch die Zahl der Solaranlagen auf Dächern. Außerdem soll es mehr Platz geben für Freiflächenanlagen entlang von Bundesautobahnen und Schienenwegen. Der Bundesverband Solarwirtschaft sprach von einem wichtigen Meilenstein auf dem Weg ins Solarzeitalter. Weitere Investitionsbarrieren müssten aber beseitigt werden.

Licht und Schatten im Reformpaket sehen auch andere Verbände. Der Bundesverband Erneuerbare Energie sprach von einem »energiepolitischen Befreiungsschlag« der Ampel. Das »Osterpaket« müsse aber durch ein »Herbstpaket« ergänzt werden. So seien einfache Verfahren nötig. Außerdem erhielten einige Branchen gar keine Perspektive, vor allem Biogas.

Der Präsident des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring, Kai Niebert, sagte, es sei gut, dass nun ein Weg gefunden worden sei, um künftig die notwendigen zwei Prozent Fläche für die Windenergie zur Verfügung zu stellen. Allerdings sei unverständlich, warum das Ziel der Klimaneutralität 2035 für den Stromsektor abgeschafft worden sei. Der Ukraine-Krieg sollte Mahnung sein, die Transformation zu beschleunigen und sie nicht auszubremsen.

© dpa-infocom, dpa:220707-99-939745/5