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Bundesministerin verärgert China mit Tech-Trip nach Taiwan

Zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert kommt deutscher Ministerbesuch nach Taiwan. Für den Inselstaat vor dem Hintergrund der Spannungen mit China ein Riesenthema. Peking reagiert mit scharfen Worten.

Stark-Watzinger in Taiwan
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger trifft ihren taiwanesischen Amtskollegen Tsung-Tsong Wu in Taipeh. Foto: ChiangYing-ying
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger trifft ihren taiwanesischen Amtskollegen Tsung-Tsong Wu in Taipeh.
Foto: ChiangYing-ying

China hat den ersten deutschen Ministerbesuch seit 26 Jahren in Taiwan scharf kritisiert. Außenamtssprecher Wang Wenbin bezeichnete die Reise von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger als »ungeheuerlichen Akt«.

Die FDP-Politikerin war am Morgen in der Hauptstadt Taipeh eingetroffen. Seit 1997 hatte kein deutscher Minister mehr die Inselrepublik besucht. In Taiwan wurde Stark-Watzingers Reise als »historisches Ereignis« bezeichnet und war am Dienstag eines der Top-Themen.

Großer Empfang für Stark-Watzinger

Als Bettina Stark-Watzinger am Dienstagmorgen Ortszeit nach mehr als 12 Stunden Linienflug am Flughafen in Taipeh ankommt, warten bereits die ersten Kameras. Der Medienandrang später beim wichtigsten Tagesordnungspunkt, einem Treffen Stark-Watzingers mit dem taiwanischen Wissenschaftsminister Tsung-Tsong Wu, wirkt, als hätte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt.

Im Beisein der deutschen Ministerin und ihres Amtskollegen unterschreiben Vertreter Deutschlands und Taiwans eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit auf breiter Basis in Wissenschaft und Technologie. Die FDP-Politikerin lobt Taiwan anschließend als »Wertepartner«, auch mit Blick auf die Forschung und verweist dabei etwa auf Wissenschaftsfreiheit und Transparenz.

Peking reagiert mit »scharfer Missbilligung«

Die Reaktion aus Peking lässt nicht lange auf sich warten und fällt schroff aus: China habe bei der deutschen Seite Protest eingelegt und seine »scharfe Missbilligung« zum Ausdruck gebracht. Der Ministeriumssprecher forderte die Bundesregierung auf, sich an das sogenannte Ein-China-Prinzip zu halten und »sofort aufzuhören, mit den separatistischen Kräften Taiwans zu interagieren und ihnen falsche Signale zu senden«.

Wie die meisten Länder unterhält Deutschland keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. China, das die Insel als Teil der Volksrepublik betrachtet, würde dies nicht akzeptieren. Taiwan dagegen sieht sich längst als unabhängig an. Peking droht letztendlich mit einer Eroberung, falls eine »Wiedervereinigung« nicht anders erreicht werden kann. Vor diesem Hintergrund hat der höchstrangige deutsche Besuch seit fast drei Jahrzehnten in Taiwan auch Symbolkraft.

Stark-Watzinger: »fachlicher Besuch«

Taiwans Wissenschaftsminister Wu spricht bei dem Treffen mit Stark-Watzinger am Dienstag von einem »historischen Ereignis«. Der Besuch werde sehr geschätzt. Es sei völlig normal, dass sich die Verantwortungsträger von zwei Ländern austauschen. Und als ein freies und demokratisches Land werde Taiwan dieses Recht auch in Zukunft ausüben.

Stark-Watzinger nennt es eine große »Freude und Ehre«, die erste Ministerin seit 26 Jahren zu sein, die Taiwan besuche. Auf wiederholte Fragen nach China und den Reaktionen aus Peking geht sie nicht ein. Die FDP-Politikerin betont stattdessen immer wieder, dass es bei dem Besuch um einen »fachlichen Austausch« gehe. Sie sei da, um Forschungsthemen zu vertiefen. »Das ist der Sinn und Zweck dieser Reise.«

Betont unpolitisches Besuchsprogramm

Das Besuchsprogramm ist folgerichtig betont unpolitisch gehalten. Die FDP-Politikerin trifft auf ihrer zweitägigen Reise laut offiziellem Plan Vertreter aus Wissenschaft, Forschung, Bildung und auch Regierungsvertreter aus diesem Bereich, nicht aber Politiker wie etwa Außenminister Joseph Wu oder Präsidentin Tsai Ing-wen. Themen sind unter anderem Zusammenarbeit in der Batterieforschung, bei sogenanntem grünen Wasserstoff und Halbleiterforschung. Taiwan gehört zu den weltweit wichtigsten Halbleiter-Herstellern.

Ganz von der Weltpolitik trennen lässt sich das aber nicht. Das Bundesbildungsministerium selbst hatte vor der Reise angekündigt, diese sei auch »Teil der Diversifizierung der internationalen Partnerschaften (...) mit gleichgesinnten Ländern in der weltweiten Wissenschaftskooperation«. Oder wie es der taiwanische Vertreter in Berlin, Shieh Jhy-Wey, in Taipeh sagt: Wenn man sich zu sehr in die Abhängigkeit der chinesischen Wirtschaft oder Technologie begebe, dann schneide man sich ins eigene Fleisch.

© dpa-infocom, dpa:230321-99-29384/6