Die sächsischen Kontaktbeschränkungen in der Frühphase der Corona-Pandemie sind rechtmäßig gewesen, die in Bayern damals verhängte strenge Ausgangssperre jedoch nicht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Dienstag entschieden. Es war das erste Mal, dass sich das oberste deutsche Verwaltungsgericht mit den Corona-Regeln auseinandergesetzt hat. Die Urteile dürften richtungsweisend für weitere anhängige Fälle sein.
Die Bundesrichter hatten Klagen gegen die Regelungen auf dem Tisch, die Sachsen und Bayern im März und April 2020 erlassen hatten. Bei der sächsischen Verordnung ging es um Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung von Sportstätten und Gastronomiebetrieben. Das Oberverwaltungsgericht hatte die Regeln in der Vorinstanz bestätigt. In dem bayerischen Fall stand die strikte Ausgangssperre auf dem Prüfstand, die ein Verlassen der Wohnung nur aus »triftigen Gründen« erlaubt hatte. In der Vorinstanz hatte der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass diese Regelung unverhältnismäßig gewesen sei.
Ausgangssperre in Bayern ging zu weit
Die Bundesverwaltungsrichter bestätigten beide Male die Vorinstanz und wiesen die Revisionen gegen diese Entscheidungen zurück. Die sächsischen Regeln seien verhältnismäßige und notwendige Schutzmaßnahmen gewesen, so der 3. Senat. Der Freistaat Sachsen habe sich bei seiner Einschätzung der Gefährdungslage auf die Risikobewertung des Robert Koch-Instituts verlassen dürfen.
Anders lag der Fall demnach in Bayern: Die Ausgangssperre, die das Verlassen der Wohnung zwar für Sport und Bewegung gestattete, aber nicht für ein Verweilen an der frischen Luft auf einer Parkbank, sei zu weitgehend gewesen. »Die Regelungen über das Verlassen der eigenen Wohnung waren nicht verhältnismäßig«, sagte die Vorsitzende Richterin. Es wären als mildere Maßnahme auch Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum in Betracht gekommen. Bayern war damals mit der Regelung vorgeprescht.
Der 3. Senat setzte sich auch mit der umstrittenen Frage auseinander, ob das Infektionsschutzgesetz in der damals geltenden Fassung eine ausreichende Grundlage für derart drastische Grundrechtseingriffe war. Die Bundesrichter bejahten dies.
Verbote, die sich an die Allgemeinheit - und nicht an einzelne Erkrankte - richteten, seien zulässig gewesen. Eine solche »Generalklausel« sei im Infektionsschutzrecht sachgerecht, weil der Gesetzgeber nicht vorhersehen könne, welche ansteckenden Krankheiten auftreten können und welche Schutzmaßnahmen dann nötig seien. Je mehr man allerdings im Laufe der Zeit über eine Krankheit und deren Erreger wisse, desto stärker müssten die Regeln angepasst werden. In der Frühphase der Pandemie im Frühling 2020 habe eine solche »Kodifikationsreife« für Covid-19 aber noch nicht vorgelegen.
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