Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, sieht seine Behörde im Vergleich mit den Diensten von Partnerländern in einer anderen Rolle. »Wir sind kein Geheimdienst, sondern ein Nachrichtendienst«, sagte Kahl dem »Tagesspiegel«. »Unsere britischen und französischen Kollegen, erst recht Amerikaner und Israelis, sind auch operativ robustere Dienste. Wir haben keine Lizenz zum Töten. Wir haben die Aufgabe, Informationen zu sammeln.«
Durch den Fall eines leitenden BND-Beschäftigten, der vergangenes Jahr als russischer Spion enttarnt wurde, sieht Kahl nach eigenem Bekunden keinen bleibenden Schaden fürs Image. Befreundete Dienste müssten keine Bedenken haben, dass dem BND übermittelte Erkenntnisse nicht sicher seien. »Am Anfang gab es diese Sorge vielleicht. Aber es ist die Aufgabe der Leitung des BND, diese Angst ernst zu nehmen und zu entkräften.« Dies sei durch offenen Umgang mit eigener Verwundbarkeit gelungen. »Als die Partner gemerkt haben, dass wir ihnen nichts vormachen, hat das die Vertrauensbasis eher gestärkt.«
Zuletzt wurde vor allem aus den Reihen der Ampel-Fraktionen SPD und FDP kritisiert, der BND sei anders als Partnerdienste zu spät über die Revolte des Chefs der Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, gegen Russlands Präsident Wladimir Putin informiert gewesen. Nach einem Auftritt im Auswärtigen Ausschuss bekam Kahl Rückendeckung. In dem Interview nannte er Vorwürfe, der BND beherrsche seinen Job nicht, »eine deutsche Eigenart«.
Mit Blick auf Cyberbedrohungen durch Russland oder China äußerte sich Kahl auch dazu, ob er die bei vor allem bei Jugendlichen beliebte Video-App Tiktok, die von einem chinesischen Unternehmen betrieben wird, installieren würde: »Meine Töchter sind erwachsen. Aber wenn sie mich fragten, würde ich väterlich davon abraten.«
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