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Biden und Xi verurteilen russische Atom-Drohungen

Ihr Verhältnis ist schwierig wie selten - jetzt saßen die Staatschefs der USA und Chinas erstmals wieder an einem Tisch. Man kommt sich näher. Kaum verwunderlich angesichts einer gemeinsamen Bedrohung.

Biden und Xi Jinping treffen zusammen
US-Präsident Joe Biden (l), trifft den chinesischen Präsidenten Xi Jinping vor dem G20-Gipfel. Foto: Alex Brandon
US-Präsident Joe Biden (l), trifft den chinesischen Präsidenten Xi Jinping vor dem G20-Gipfel.
Foto: Alex Brandon

Die USA und China bemühen sich, ihr zerrüttetes Verhältnis zu reparieren. Auch angesichts russischer Atom-Drohungen im Krieg gegen die Ukraine gingen US-Präsident Joe Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping im Ton aufeinander zu. Greifbare Kompromisse gab es bei ihrem ersten persönlichen Gespräch als Staatschefs zwar nicht. Der neue Ton könnte dem G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf Bali aber zu einer zuvor kaum erwarteten Abschlusserklärung verhelfen.

Denn Russland ist offensichtlich bereit zu akzeptieren, dass darin eine Passage zur Verurteilung des Krieges gegen die Ukraine aufgenommen wird. Nach Angaben eines westlichen Diplomaten wird der russische Angriff dabei auch ganz klar als Krieg bezeichnet und nicht wie normalerweise von Kremlchef Wladimir Putin als militärische Spezialoperation.

Russlands Zustimmung zu dem Textentwurf gilt als mögliches Zeichen dafür, dass Moskau beim Thema Ukraine in der G20-Gruppe nicht einmal mehr auf die Unterstützung des mächtigen Partners China zählen kann.

Der zweitägige G20-Gipfel auf Bali beginnt offiziell an diesem Dienstag. Wenige Stunden zuvor verurteilten Biden und Xi nach US-Angaben einmütig russische Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine. Beide Seiten stimmten demnach auch überein, dass »ein Atomkrieg niemals geführt werden sollte«, wie das Weiße Haus nach einem etwa dreistündigen Treffen mitteilte. Die chinesische Seite erwähnte diese Warnung nicht. Es hieß nur, Xi Jinping habe seine früheren Äußerungen wiederholt, dass Kriege keine Gewinner hervorbrächten.

Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte das Nein der USA und Chinas zum Einsatz von Atomwaffen. Es sei sehr gut, »dass auch die beiden erneut diese Klarheit entwickelt haben, dass der Einsatz von Atomwaffen ausgeschlossen sein soll und eine rote Linie ist, die nicht überschritten werden darf«, sagte er nach seiner Ankunft auf Bali.

Biden betonte nach dem Treffen mit Xi Jinping auf Bali, es müsse keinen »neuen Kalten Krieg« geben. Er suche keinen Konflikt mit China, sondern energischen Wettbewerb. Xi Jinping sagte: »Die Welt ist groß genug für unsere zwei Länder, um uns zu entwickeln und zusammen zu prosperieren.« Der Erfolg Chinas und der USA seien »Gelegenheiten, keine Herausforderungen füreinander«.

Das Verhältnis zwischen China und den USA war zuletzt auf einem Tiefpunkt. Die Liste der Streitthemen ist lang: Chinas früher uneingeschränkte Rückendeckung für Russlands Präsident Wladimir Putin nach dessen Einmarsch in der Ukraine, der Handelskrieg und US-Sanktionen, Chinas Säbelrasseln gegenüber dem demokratischen Taiwan, Menschenrechtsverletzungen und die Verfolgung von Minderheiten wie den Uiguren. Die meisten dieser Themen sprachen die Regierungschefs auf Bali an - kamen sich dabei aber inhaltlich kaum näher.

Ukraine-Krieg

Xi Jinping äußerte sich nach chinesischen Angaben »höchst besorgt über die gegenwärtige Situation in der Ukraine«. China unterstütze eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland. Auch sollten die USA, die Nato und die Europäische Union einen umfassenden Dialog mit Russland führen.

China hat den Einmarsch Russlands in der Ukraine bis heute nicht kritisiert und gibt Präsident Putin bisher politisch Rückendeckung.

Biden betonte, Washington werde nicht in irgendwelche Verhandlungen treten ohne Kiew. »Es gibt nichts zur Ukraine ohne die Ukraine«, sagte er mit Blick auf wiederholte Vorschläge Russlands zu Verhandlungen. Der US-Präsident bezeichnete die Rückeroberung der Gebietshauptstadt Cherson durch die Streitkräfte der Ukraine als »bedeutenden Sieg«. Die ukrainische Armee sei »wirklich wunderbar«.

Taiwan-Konflikt

Biden warnte Xi Jinping nach Angaben des Weißen Hauses vor militärischer Gewalt gegen Taiwan - trat aber zugleich Befürchtungen vor einem baldigen Angriff entgegen. »Ich glaube nicht, dass irgendein Versuch von chinesischer Seite für eine Invasion Taiwans bevorsteht«, sagte er.

Peking sieht die demokratische Inselrepublik als Teil der Volksrepublik, während sich Taiwan als unabhängig betrachtet. Als erster US-Präsident hat Biden deutlich gesagt, dass die USA Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs auch mit Streitkräften zu Hilfe kommen würden.

Xi Jinping forderte den US-Präsidenten auf, sich aus dem Konflikt herauszuhalten. »Die Lösung der Taiwanfrage ist eine Sache für die Chinesen und Chinas interne Angelegenheit«, sagte er nach chinesischen Angaben. Das sei die »erste rote Linie, die in den Beziehungen zwischen China und den USA nicht verletzt werden darf«. Taiwan dagegen begrüßte Bidens Einsatz.

Menschenrechtsverletzungen

Biden sprach laut Weißem Haus seine Sorge über Menschenrechtsverletzungen in China an. Unter anderem zeigte er sich demnach besorgt über das chinesische Vorgehen in der Nordwestregion Xinjiang, in Tibet und in Hongkong. Er habe auch Fälle von US-Bürgern angesprochen, die »fälschlicherweise« in China inhaftiert seien oder die Volksrepublik nicht verlassen dürften.

In Hongkong geht die chinesische Regierung mit Sicherheitsgesetzen gegen die demokratische Oppositionsbewegung vor. Menschenrechtsgruppen werfen den chinesischen Behörden zudem vor, Minderheiten wie die Uiguren in Xinjiang sowie die Tibeter zu unterdrücken.

Handelskrieg zwischen den USA und China

Xi Jinping kritisierte den Handelskrieg der USA mit China und wandte sich dagegen, Handelsbeziehungen »zu politisieren und als Waffe zu benutzen«. »Einen Handels- und Technologiekrieg anzufangen, Mauern und Hürden aufzubauen, eine Abkopplung voranzutreiben und Lieferketten zu unterbrechen, widerspricht der Marktwirtschaft und untergräbt internationale Handelsregeln«, sagte er demnach. Es sei aber im gegenseitigen Interesse, Konflikt und Konfrontation zu vermeiden. Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt seien tief miteinander verflochten.

Nordkorea

Biden äußerte sich nach US-Angaben besorgt über ein »provokatives Verhalten« Nordkoreas. Zugleich forderte er Xi Jinping auf, eine Vermittlerrolle im internationalen Konflikt einzunehmen. »Ich habe Präsident Xi Jinping klar gemacht, dass ich denke, dass sie eine Verpflichtung haben, Nordkorea zu überzeugen, dass sie sich nicht an Langstrecken-Atomtests beteiligen sollen«, sagte Biden. Falls Nordkorea dies doch tue, müssten die Amerikaner sich und ihre Alliierten verteidigen.

Die Situation ist wegen der wiederholten nordkoreanischen Raketentests und der drohenden Gefahr eines möglichen Atomwaffentests angespannt.

© dpa-infocom, dpa:221114-99-515902/7