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Biden sagt Israel Solidarität und volle Unterstützung zu

Eigentlich wollte Joe Biden im Nahen Osten mit den wichtigsten Akteuren zusammenkommen, um eine weitere Eskalation der Lage zu verhindern. Ein schwere Explosion in Gaza bringt seine Pläne durcheinander.

Biden in Israel
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (r) im Gespräch mit US-Präsident Joe Biden. Foto: Evan Vucci/DPA
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (r) im Gespräch mit US-Präsident Joe Biden.
Foto: Evan Vucci/DPA

US-Präsident Joe Biden hat Israel angesichts der Gewalteskalation im Nahen Osten die Solidarität und volle Unterstützung seines Landes zugesichert. »Israel muss wieder ein sicherer Ort für das jüdische Volk sein. Und ich verspreche Ihnen, dass wir alles in unserer Macht stehende tun werden, um dies sicherzustellen«, sagte Biden bei einem Besuch in Tel Aviv. Dort kam er mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dem israelischen Kriegskabinett zusammen.

Seine Reise war von einem verheerenden Raketeneinschlag bei einer Klinik im Gazastreifen am Vorabend überschattet worden. Biden sagte in Tel Aviv, dass die ihm vorliegenden Informationen darauf hindeuteten, dass die Explosion Ergebnis »eines irrtümlichen Raketenbeschusses durch eine Terrorgruppe in Gaza« gewesen sei.

Vom Nationalen Sicherheitsrat der US-Regierung hieß es, dass Israel nach derzeitiger Einschätzung, die auf der Analyse von Luftbildern, abgefangenen und anderen Daten beruhe, für die Explosion »nicht verantwortlich« sei.

Weiterreise nach Jordanien abgesagt

Die Gesundheitsbehörde in Gaza weist der israelischen Armee die Schuld für das Unglück vom Dienstagabend zu. Israels Armee sprach hingegen von einer fehlgeleiteten Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad, die auf einem Parkplatz vor dem Krankenhaus explodiert sei. Unabhängig überprüfen lies sich das nicht.

Klar ist: Der Vorfall verschärft die Spannungen in der Region dramatisch, befeuert Sorgen vor einer Eskalation und Ausweitung des Konflikts - und stürzte auch Bidens Reisepläne ins Chaos. Ursprünglich hatte Biden von Israel nach Jordanien weiterfliegen wollen, um dort den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi und den jordanischen König Abdullah II. zu treffen. Nach dem Raketeneinschlag in dem Krankenhaus in Gaza hatte Jordanien das Treffen jedoch kurzfristig abgesagt

USA »heute, morgen und immer« an Israels Seite

Biden versicherte Israel fortdauernde Unterstützung. Die USA würden Israel weiterhin den Rücken stärken, wenn es darum gehe, sein Volk zu verteidigen, sagte er. »Vor 75 Jahren erklärten Ihre Gründer, dass diese Nation ein auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden basierendes Land sein würde«, so der US-Präsident. »Die Vereinigten Staaten stehen an Ihrer Seite, wenn es darum geht, diese Freiheit zu verteidigen, für Gerechtigkeit zu sorgen und den Frieden zu unterstützen. Heute, morgen und immer.«

Biden kündigte an, noch im Laufe dieser Woche beim US-Kongress Mittel für »ein noch nie da gewesenes Unterstützungspaket« zu beantragen.

Die USA verstehen sich als Schutzmacht Israels. Jedes Jahr unterstützen sie das Land mit Milliarden, von denen ein beachtlicher Teil in die Abwehr von Raketen und Militärtechnik geht. Das Raketenabwehrsystem »Iron Dome«, das seit 2011 eingesetzt wird, haben die USA mitentwickelt. Es zerstört unter anderem Kurzstreckenraketen in der Luft. Aus dem Weißen Haus hieß es, Biden wolle bei dem Treffen mit dem israelischen Kriegskabinett auch darüber sprechen, welche weitere Unterstützung Israel konkret brauche.

Netanjahu verspricht Schutz von Zivilisten

Die USA wollen eine weitere Eskalation des Konflikts in der Region unbedingt vermeiden. Zur Abschreckung haben sie mehrere Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer verlegt. Auch Luftwaffengeschwader der Air Force mit ihren Kampfjets wurden in die Region geschickt. Das Verteidigungsministerium hat angesichts der Gewalteskalation im Nahen Osten 2000 US-Soldaten in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt. Dies ermögliche es, schnell auf das sich verändernde Sicherheitsumfeld zu reagieren, teilte das Pentagon mit.

Biden wiederholte seine dringende Warnung: »Meine Botschaft an jeden Staat oder jeden anderen feindlichen Akteur, der Israel anzugreifen gedenkt, bleibt dieselbe wie vor einer Woche: Tut es nicht.«

Biden sagte auch, Washington werde mit Israel und den Partnern in der Region zusammenarbeiten, um weitere Tragödien für unschuldige Zivilisten zu verhindern. Denn neben einer Botschaft der Solidarität ging es dem US-Präsidenten bei seinem Kurzbesuch auch darum, auf den Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza zu drängen - ein Balanceakt. Er erinnerte daran, dass die »große Mehrheit der Palästinenser nicht die Hamas« seien - und kündigte humanitäre Hilfe in Höhe von 100 Millionen US-Dollar für den Gazastreifen und das Westjordanland an.

Netanjahu sagte bei dem Treffen mit Biden, dass Israel im weiteren Verlauf des Krieges alles tun werde, um Zivilisten aus der Gefahrenzone herauszuhalten. »Wir haben sie gebeten und werden sie auch weiterhin bitten, sich in sicherere Gebiete zu begeben.«

Befreiung von Geiseln für Biden auch innenpolitisch wichtig

In Tel Aviv kam Biden auch mit israelischen Rettungskräften und Familien zusammen, die bei dem Großangriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober Angehörige verloren haben oder deren Familienmitglieder von der Hamas verschleppt wurden. Unter ihnen sind nach US-Angaben auch Amerikaner. Ihre Befreiung wird mit jeder Eskalation schwieriger - und hat für Biden, der sich als Präsidentschaftsbewerber auch im Wahlkampf für die Wahl 2024 befindet, Priorität - von vielen wird er daran gemessen, wie gut er für den Schutz seiner Landsleute sorgen kann.

Biden in Israel
US-Präsident Joe Biden trifft Angehörige der Opfer und Ersthelfer, die direkt von den Hamas-Anschlägen betroffen waren. Foto: Evan Vucci/DPA
US-Präsident Joe Biden trifft Angehörige der Opfer und Ersthelfer, die direkt von den Hamas-Anschlägen betroffen waren.
Foto: Evan Vucci/DPA

»Für mich als amerikanischer Präsident gibt es keine höhere Priorität, als die sichere Rückkehr all dieser Geiseln zu ermöglichen«, versprach er.

Biden ist ein Verfechter persönlicher Gespräche anstelle von Telefonaten und Video-Schalten. Umso wichtiger wären die Gespräche mit Abbas, al-Sisi und König Abdullah II. in Jordanien gewesen. Auf die Frage, warum Biden angesichts des Vorfalles in dem Krankenhaus nicht den gesamten Trip verschoben habe, sagte ein US-Regierungsvertreter: Auch wenn das Treffen in Jordanien nicht stattfinde, negiere das nicht die Beweggründe für die Reise nach Israel.

© dpa-infocom, dpa:231018-99-604154/12