Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) hat sich über die relativ hohe Wahlbeteiligung an der Türkei-Wahl hierzulande überrascht gezeigt. Nach Informationen der TGD hätten bundesweit bereits deutlich mehr deutsch-türkische Wählerinnen und Wähler ihre Stimmen abgegeben als bei der vergangenen Wahl im Jahr 2018, sagte der Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu am Donnerstag. »Das ist etwas, was mich ein bisschen wundert. Aber wenn ich mit den Menschen rede, kommt das Gefühl auf, dass es für viele eine Schicksalswahl ist.« Bei der vorangegangenen Wahl war die Beteiligung in Deutschland mit 49,74 Prozent so hoch wie noch nie.
Am 14. Mai finden in der Türkei Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. In Deutschland können seit dem 27. April rund 1,5 Millionen wahlberechtigte Deutsch-Türken noch bis zum 9. Mai ihre Stimme für die Wahl in der Türkei abgeben. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan muss nach 20 Jahren an der Macht um seine Wiederwahl fürchten. Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Erdogan und seinem Herausforderer, dem Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, voraus. Kilicdaroglu tritt als gemeinsamer Kandidat für eine Allianz aus sechs Oppositionsparteien unterschiedlicher Lager an.
Entscheidende Stimmen
Viele Menschen in Deutschland dächten wegen des Kopf-an-Kopf-Rennens, dass ihre Stimme entscheidend sei, sagte der Sofuoglu weiter. »Ich sehe da eine große, große Motivation, an den Wahlen teilzunehmen, das Leben in der Türkei mitzubestimmen.«
Sinem Adar, Forscherin am Zentrum für angewandte Türkeistudien, stellte fest, dass Wählerinnen und Wähler im Ausland für die Türkei-Wahl durchaus von Bedeutung seien. Von den Türken, die im Ausland wohnen und wahlberechtigt sind, leben laut Adar zufolge fast die Hälfte in Deutschland. »Wenn Deutschland eine Art Wahlregion innerhalb der Türkei wäre, dann wäre das im Grunde die siebtgrößte Region. Das ist also bedeutsam.«
Was diese Wahlen von den vergangenen unterscheide, sei die hohe Zahl an Neuwählern im Ausland. Dies könnten junge Menschen sein, die zum ersten Mal wählen dürften oder Menschen, die sich zum ersten Mal im Ausland registriert hätten, sagte Adar.
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