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Berlin als Chaosstadt? Giffey wehrt sich gegen Kritik

Eine Woche nach der Silvester-Randale in der Hauptstadt wird weiter über mögliche Konsequenzen diskutiert. Berlins Regierungschefin Franziska Giffey findet Ratschläge aus Bayern nicht hilfreich.

Franziska Giffey
Franziska Giffey lässt die Kritik an Berlin nicht gelten. Foto: Christophe Gateau
Franziska Giffey lässt die Kritik an Berlin nicht gelten.
Foto: Christophe Gateau

Berlins Regierungschefin Franziska Giffey wehrt sich gegen die Kritik von CSU-Chef Markus Söder, Berlin entwickle sich zu einer Chaosstadt. »Wenn in einer fast Vier-Millionen-Metropole 145 Chaoten Mist bauen, kann man nicht daraus folgern, dass alle anderen Einwohner hier auch Chaoten sind«, sagte die SPD-Politikerin der »Berliner Zeitung« (Samstag). »Auch Bayern hat vor der eigenen Tür einiges zu kehren, zum Beispiel in Sachen Reichsbürgertum. Ich gebe Herrn Söder ja auch keine Ratschläge.«

In der Nacht zum Neujahrstag waren in mehreren deutschen Städten Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen worden, unter anderem mit Böllern und Raketen. Besonders heftig waren die Attacken in einigen Vierteln von Berlin. Söder sagte nach den Ausschreitungen: »Berlin entwickelt sich leider zu einer Chaos-Stadt – beginnend bei der Politik, die weder Wahlen organisieren noch die Sicherheit ihrer Bürger garantieren kann.« Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte im »Münchner Merkur« Kritik an der Berliner Landesregierung geäußert.

Verschärfung des Waffenrechts geplant

Seit den Ausschreitungen wird auf politischer Ebene über Konsequenzen und künftige Prävention diskutiert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Freitag gesagt, sie wolle eine Verschärfung des Waffenrechts durchsetzen, insbesondere mit Blick auf den Kauf von Schreckschusswaffen. Giffey betonte beim Besuch einer Feuerwache, es brauche etwa eine schnelle und konsequente Strafverfolgung.

Der »Berliner Zeitung« nannte sie insgesamt fünf Punkte. Neben der Strafverfolgung erwähnte Giffey mehr Personal und Ausstattung bei Polizei und Feuerwehr, den Einsatz für die Verschärfung des Waffenrechts auf Bundesebene, zusätzliche Investitionen in die Sozial- und Jugendarbeit vor Ort sowie ein Sonderprogramm für die Unterstützung und Verbesserung der Lebenssituation in Großwohnsiedlungen gemeinsam mit dem Quartiersmanagement.

Die Debatte um die Ausschreitungen zu Silvester fällt in den Berliner Wahlkampf. Am 12. Februar soll in der Hauptstadt die Wahl zum Abgeordnetenhaus wiederholt werden, weil es bei der zurückliegenden Abstimmung nach Einschätzung des Landesverfassungsgerichts zahlreiche Pannen und organisatorische Mängel gegeben hatte. Derzeit regiert in Berlin eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken.

FDP fordert Stärkung des Rechtsstaates

Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Sebastian Czaja, forderte am Samstag im rbb-Inforadio, es brauche eine stärkere Justiz. Es müssten mehr Stellen geschaffen und den Richterinnen und Richtern mehr Möglichkeiten gegeben werden, mit einer guten Ausstattung und mehr Personal auch auf die Alltagsfragen in der Stadt zu reagieren. »Ein funktionierender Rechtsstaat wäre notwendig.«

In der »Berliner Zeitung« wurde Giffey gemeinsam mit Raed Saleh interviewt, mit dem sie den SPD-Landesverband leitet. Ob das Berlin-Bashing sie nerve? »Es ist Teil einer abgestimmten Strategie innerhalb der Union«, sagte Saleh. Merz und Söder versuchten damit, den Wahlkampf in Berlin zu beeinflussen und »mit rechter Rhetorik die Stadt schlecht- und kaputtzureden«. Auf die Nachfrage, ob da gerade Porzellan zerschlagen werde für mögliche Koalitionsgespräche, antwortete Saleh, sie arbeiteten weiter hart und konzentriert für Berlin und gäben alles dafür, wieder zu gewinnen.

Eine Umfrage im Dezember hatte CDU und SPD gleichauf gesehen. Im »Berlin-Trend« des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag von »Bild« waren die Sozialdemokraten ebenso wie die CDU auf 21 Prozent gekommen. Dicht dahinter folgten damals die Grünen mit 20 Prozent. Die Linke lag der Umfrage von Mitte Dezember zufolge bei 12 Prozent, die AfD bei 10 Prozent und die FDP bei 6 Prozent.

© dpa-infocom, dpa:230107-99-132371/5