Auch Tage nach dem beispiellosen Überfall von Terroristen der islamistischen Hamas auf israelische Ortschaften in der Nähe des Gazastreifens werden neue Gräueltaten bekannt.
In dem nur zwei Kilometer vom Grenzzaun entfernten Kibbutz Kfar Aza ermordeten Bewaffnete nach offiziellen Angaben eine große Zahl der Bewohner, darunter auch Kinder, in ihren Häusern. Im Fernsehen waren grauenvolle Bilder zu sehen. Israelische Soldaten bargen aus den zum Teil niedergebrannten Wohnhäusern Leichen. Sie verluden schwarze Leichensäcke auf Lastwagen. Im Gelände lagen Leichen von Hamas-Terroristen, die erst bis Dienstagmorgen niedergekämpft werden konnten.
Die Armee machte bisher zunächst keine Angaben zur Zahl der Opfer, zeigte sich aber erschüttert. »Was im Kibbutz Kfar Aza geschehen ist, ist ein Massaker, bei dem Frauen, Kleinkinder und ältere Menschen brutal im Stil des IS abgeschlachtet wurden«, sagte ein Sprecher. Die Terrormiliz IS war in Syrien auch für Enthauptungen ihrer Opfer berüchtigt. Auch US-Präsident Joe Biden verglich die Hamas mit dem IS. Die im Gazastreifen herrschende Hamas wird von der EU, von den USA und Israel als Terrororganisation eingestuft. Die Vereinten Nationen sprechen dagegen von »bewaffneten Gruppen« und berufen sich dabei auf das humanitäre Völkerrecht.
Vor Bodenoffensive weiter Luftschläge im Gazastreifen
Die israelische Armee setzte vor der allgemein erwarteten Bodenoffensive ihre massiven Luftschläge auf Hamas-Ziele im Gazastreifen auch in der Nacht fort. Dutzende Kampfjets hätten mehr als 200 Ziele im Gebiet Al-Furqan angegriffen, teilten die Armee am Morgen mit. Zudem sei die Islamische Universität als Terrorziel bombardiert worden. Die Universität sei ein »wichtiges operatives und militärisches Zentrum der Hamas-Terrororganisation« gewesen, betonte die Armee.
Hunderttausende im abgeriegelten Gazastreifen auf der Flucht
Nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA flohen bisher etwa 264.000 Menschen innerhalb des dicht besiedelten und von Israel sowie Ägypten abgeriegelten Gazastreifens. Wie die Hilfsorganisation in der Nacht auf Mittwoch in Genf weiter mitteilte, sind die Vertriebenen in Schulgebäuden, bei Verwandten oder Nachbarn untergekommen. Allerdings gab es auch Stimmen, dass es in dem nur 40 Kilometer langen und zwischen sechs und zwölf Kilometer breiten Gebiet eigentlich kaum sichere Gegenden gebe.
OCHA berichtete von israelischen Luftangriffen auch auf mehrere Wohngebäude im Gazastreifen. Laut dem Ministerium für öffentliche Bauten und Wohnen in Gaza wurden seit dem Beginn der Luftangriffe am Samstag mehr als 1500 Wohneinheiten zerstört oder schwer beschädigt. Außerdem wurden laut OCHA fünf Infrastruktureinrichtungen beschädigt, die die Wasser- und Sanitärversorgung für eine halbe Million Menschen im Gazastreifen sicherstellen. In dem palästinensischen Gebiet, das etwas größer als München ist, leben mehr als zwei Millionen Menschen.
Vorbereitungen für israelische Bodenoffensive laufen
Die israelische Armee zog an der Grenze zum Gazastreifen, von wo aus die Hamas am Wochenende ihre Angriffe begonnen hatte, massiv Truppen zusammen. 300.000 Reservisten wurden mobilisiert. Offensichtlich ist eine großangelegte Militäroperation geplant.
Weiter Kämpfe im Süden
Berichten zufolge kämpft Israels Armee weiter gegen Terroristen im Süden des Landes. In der Nähe des Kibbutz' Zikim hätten israelische Soldaten drei Militante getötet, meldeten israelische Medien.
Die Armee teilte mit, sie sei in den vergangenen Tagen in der Region auf mehrere Hamas-Mitglieder gestoßen. In einem Fall im Kibbutz Beeri hätten die Terroristen israelische Armeeuniformen getragen und das Feuer gegen die Soldaten eröffnet. Diese hätten Panzergranaten auf die Militanten gefeuert und diese getötet.
In einem anderen Kibbutz hätten Soldaten einen Terroristen in einem Luftschutzbunker »neutralisiert« und einen jungen Zivilisten gerettet. Unklar war zunächst, ob der militante Palästinenser ihn als Geisel genommen hatte.
In Israel steigt die Zahl der Toten
In Israel wurden bis Mittwoch mindestens 1200 Todesopfer gezählt. Das teilte der Sprecher der israelischen Armee, Jonathan Conricus, mit. Die »überwältigende Mehrheit« der Todesopfer seien Zivilisten. Rund 3000 Menschen seien verletzt worden.
Zahl der Toten steigt auch im Gazastreifen
Durch die andauernden Gegenschläge der israelischen Luftwaffe starben im Gazastreifen nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums bisher mindestens 1100 Menschen. Mindestens 5300 weitere Menschen wurden nach neuen Angaben vom Mittwoch verletzt.
Mitarbeiter der UN im Gazastreifen getötet
Neun Mitarbeiter der Vereinten Nationen wurden nach UN-Angaben seit Samstag im Gazastreifen durch israelische Luftangriffe getötet. Das UN-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch: »Neun UNRWA-Mitarbeiter wurden getötet, drei Lehrer wurden verletzt.« Außerdem seien bisher 30 UNRWA-Schülerinnen und Schüler ums Leben gekommen. Acht weitere wurden demnach verletzt.
Einziges Kraftwerk in Gaza stellt Produktion ein
Das einzige Kraftwerk im Gazastreifen wurde nach Angaben der palästinensischen Elektrizitätsgesellschaft wegen Treibstoffmangels abgeschaltet, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte.
Auch Deutsche unter den Opfern
Die Hamas hatte am Samstag das schlimmste Blutbad unter Zivilisten seit der israelischen Staatsgründung angerichtet. Laut Armee wurden zudem etwa 150 Menschen in den Gazastreifen entführt, darunter auch mindestens fünf Deutsche. Eine Deutsche wurde getötet, wie das ZDF am Dienstag berichtete. Die ebenfalls von dem Sender stammende Information über die fünf entführten Bundesbürger wurden der Deutschen Presse-Agentur aus parlamentarischen Quellen bestätigt.
Israel droht zweite Front im Norden
Israel wurde nicht nur vom Gazastreifen aus angegriffen, sondern auch wieder im Norden aus dem Libanon und aus Syrien. Die wie die Hamas mit dem Iran verbündete Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon teilte am Mittwoch mit, sie habe mehrere Raketen auf Israel abgefeuert. Das israelische Militär reagierte nach Berichten aus dem Südlibanon mit Artilleriebeschuss. Es besteht Sorge, dass dort eine zweite Front entstehen könnte.
Pistorius bietet Israel deutsche Unterstützung an
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat seinem israelischen Kollegen Joav Galant Unterstützung aus Deutschland angeboten. Die Bundesregierung habe dieses Angebot auch gegenüber dem israelischen Militärattaché gemacht, sagte der SPD-Politiker in Berlin. »Beide haben bislang gesagt, dass sie keine Unterstützung brauchen militärischer oder technischer Art. Es geht um politische Unterstützung«, sagte Pistorius. Diese stehe außer Frage.
Rabbiner-Konferenz: »Der schwärzeste Tag seit dem Nazi-Holocaust«
Die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) zeigt sich entsetzt vom Angriff der Hamas und fordert Unterstützung für Israel. »Simchat Torah 2023 wird als der schwärzeste Tag seit dem Nazi-Holocaust in die jüdische Geschichte eingehen«, sagte Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt am Mittwoch in München. »Juden auf der ganzen Welt sind im Gebet und in der Unterstützung für unsere Brüder und Schwestern in Israel vereint.«
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