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Bayern klagt gegen Länderfinanzausgleich

»Wir sind solidarisch, aber nicht naiv«, argumentiert Markus Söder - deshalb klagt Bayern gegen den Länderfinanzausgleich. Ein berechtigter Schritt? Oder vor allem ein Wahlkampfmanöver?

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Im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen den 16 Bundesländern wurden 2022 rund 18,5 Milliarden Euro umverteilt. Mit Einzahlungen von fast 9,9 Milliarden Euro trug Bayern die mit Abstand größte Last. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/DPA
Im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen den 16 Bundesländern wurden 2022 rund 18,5 Milliarden Euro umverteilt. Mit Einzahlungen von fast 9,9 Milliarden Euro trug Bayern die mit Abstand größte Last.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/DPA

Angesichts immer neuer Rekord-Einzahlungen wird Bayern gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Den bereits angekündigten Schritt hat das Kabinett drei Monate vor der Landtagswahl in München beschlossen. »Wir gehen jetzt nach Karlsruhe«, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Kabinettssitzung. Bayern brauche künftig »mehr Geld daheim«. »Bayerisches Geld ist einfach besser in Bayern aufgehoben als in Bremen, Berlin oder anderswo.« Die Klage solle noch vor der Sommerpause eingereicht werden, kündigte der CSU-Vorsitzende an.

»Wir sind und bleiben solidarisch, aber wir sind nicht naiv«, sagte Söder. Das Ausgleichssystem sei inzwischen »tief ungerecht«. Bayern habe in den vergangenen Jahrzehnten bereits mehr als 100 Milliarden Euro eingezahlt und nur gut 3 Milliarden Euro bekommen. Davon leisteten sich andere Länder Dinge, die sich Bayern nicht leisten könne oder wolle. Insbesondere kritisierten Söder und Finanzminister Albert Füracker (CSU) die rechnerische Besserstellung der Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg beim Finanzausgleich. Dies führe dazu, dass Bremen nach dem Ausgleich pro Kopf besser dastehe als Bayern. Hier werde die Solidarität überspannt, sagte Füracker.

Kritik aus anderen Bundesländern

Die aktuell elf Empfängerländer sowie Rheinland-Pfalz, das erst neu zum Geberland wurde, kritisierten Bayerns Klage. Niedersachsens Finanzministerium teilte mit, man nehme den Beschluss mit großem Bedauern zur Kenntnis. Denn erst mit dem Finanzausgleich würden die Voraussetzungen geschaffen, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und öffentlicher Leistungen bundesweit zu wahren.

Söder hatte die Klage gegen das Ausgleichssystem, das heute offiziell Finanzkraftausgleich der Länder heißt, schon länger angekündigt. Die Opposition wirft CSU und Freien Wählern reines »Wahlkampfgetöse« vor.

2022 wurden 18,5 Milliarden Euro umverteilt

Im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen den 16 Bundesländern wurden im vergangenen Jahr rund 18,5 Milliarden Euro umverteilt. Mit Einzahlungen von fast 9,9 Milliarden Euro trug Bayern erneut die mit Abstand größte Last - der Freistaat kam alleine für mehr als die Hälfte des umverteilten Geldes auf. Baden-Württemberg zahlte der Abrechnung des Bundesfinanzministeriums zufolge knapp 4,5 Milliarden Euro, aus Hessen flossen 3,25 Milliarden Euro. Rund 814 Millionen Euro steuerte Hamburg bei, etwa 107 Millionen Euro Rheinland-Pfalz. Elf Länder profitierten hingegen von Zahlungen aus dem Ausgleich. Berlin war mit rund 3,6 Milliarden Euro der größte Empfänger.

Bayern hatte - zusammen mit Hessen - im Jahr 2013 schon einmal gegen den damaligen Länderfinanzausgleich geklagt. Auch damals wurde die Klage in Sichtweite der Bayern-Wahl beschlossen. Die beiden Länder zogen ihre Klage nach einer Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern aber dann 2017 zurück. Der Finanzkraftausgleich dient dem im Grundgesetz verankerten Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland.

Söder verweist auf »Kündigungsrecht« im Jahr 2030

Söder erklärte, man habe damals zugestimmt, weil Bayern um mehr als eine Milliarde Euro entlastet worden sei. Tatsächlich habe aber der Bund damals Geld ins System gegeben, ohne dass es echte große Strukturreformen gegeben habe. Inzwischen sei die Schere zwischen Geber- und Nehmerländern immer noch weiter auseinander gegangen.

Anders als damals steht Bayern mit seiner Klage diesmal allein - obwohl auch Söders Amtskollegen aus Baden-Württemberg und Hessen das aktuelle Ausgleichssystem für dringend reformbedürftig halten. Auch die bayerischen Grünen räumten zuletzt Reformbedarf ein - sehen die Klage aber als »Signal der Ideenlosigkeit« und »Wahlkampfgetöse«.

Söder rechtfertigte die Klage - ansonsten würde sich gar nichts bewegen. Er verwies aber auch auf ein »Kündigungsrecht« im Jahr 2030, das vereinbart worden sei. Das würde aus heutiger Sicht »auf jeden Fall passieren«, auch von Seiten Hessens und Baden-Württembergs.

Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere (Grüne) sagte: »Wir haben es ganz offensichtlich mit einem bayerischen Wahlkampfmanöver zu tun.« Umso wichtiger sei es, dass die Mehrheit der Länder solidarisch zusammenstehe und am bestehenden Ausgleichssystem festhalte.

© dpa-infocom, dpa:230704-99-279659/5