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Bangen in Westafrika - vorerst keine Militärintervention

Die Nachbarn in Westafrika haben den Machthabern im Niger Gewalt angedroht, falls die Verfassung nicht wiederhergestellt würde. Die Frist verstrich. Viele Erwartungen liegen nun auf den kommenden Tagen.

Nach dem Militärputsch im Niger
Mohamed Toumba, einer der Soldaten, die den nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt haben, spricht zu Anhängern der nigrischen Junta. Foto: Sam Mednick/DPA
Mohamed Toumba, einer der Soldaten, die den nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt haben, spricht zu Anhängern der nigrischen Junta.
Foto: Sam Mednick/DPA

Nach dem Ablaufen eines Ultimatums an die Putschisten im Niger ist ein von Nachbarstaaten angedrohter militärischer Angriff gegen die neuen Machthaber zunächst ausgeblieben. Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas kündigte an, auf einem Sondergipfel in Nigerias Hauptstadt Abuja am Donnerstag über die Lage im Niger zu beraten.

Experten halten eine Intervention zunehmend für unwahrscheinlich, die Lage aber weiter für sehr gefährlich, da alle Parteien unter Druck stehen. Die Bundesregierung warnte die Junta am Montag in scharfer Form vor Gewaltakten gegen Nigers festgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum.

In dem bitterarmen Land mit rund 26 Millionen Einwohnern hatte Ende Juli das Militär den demokratisch gewählten Präsidenten entmachtet und die Verfassung außer Kraft gesetzt. Unter Bazoum war der Niger einer der letzten strategischen Partner des Westens im Kampf gegen den Vormarsch islamistischer Terroristen in der Sahelzone gewesen. Das Land von der dreieinhalbfachen Fläche Deutschlands liegt außerdem an einer zentralen Migrationsroute durch die Saharawüste nach Libyen. Die Bundeswehr unterhält einen Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt Niamey, auf dem sich rund 100 deutsche Soldaten aufhalten.

Starke Spannungen nach Putsch ausgelöst

Der Putsch hat in der Region starke Spannungen ausgelöst. Die 15 Staaten umfassende Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) forderte die Junta auf, die verfassungsmäßige Ordnung wieder herzustellen und Bazoum wieder einzusetzen. Die Gruppe unter dem Vorsitz von Nigeria wolle ansonsten Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt beinhalten könnten, hieß es. Der Senegal, die Elfenbeinküste und Benin kündigten an, sich an einer Intervention zu beteiligen.

Angesichts der Drohungen schlossen die Militärmachthaber in Niger den Luftraum des Landes. Ein Sprecher der Junta sagte im Fernsehen am Sonntagabend, jeder Versuch, den Luftraum zu verletzen, werde sofort und energisch beantwortet. Er warf Ecowas vor, einen Angriff aus einem nicht genannten zentralafrikanischen Land vorzubereiten.

Die erneute Sperrung des Luftraums behindert den Abzug der Bundeswehr aus dem benachbarten Mali. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur konnte am Montag ein für Personalwechsel geplanter Flug eines Militärtransporters der Bundeswehr aus Wunstorf (Niedersachsen) nicht zu seinem Ziel abfliegen.

Militärregierungen an der Seiten der neuen Machthaber

Die Militärregierungen der nach Putschen suspendierten Ecowas-Mitglieder Mali, Burkina Faso und Guinea stehen dagegen auf der Seite der neuen Machthaber im Niger. Die malischen Streitkräfte teilten mit, dass Mali und Burkina Faso eine Delegation unter Leitung des malischen Staatsministers, des Ministers der Territorialverwaltung und des Regierungssprechers nach Niamey geschickt hätten, um die Solidarität der beiden Länder auszudrücken.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte am Montag, dass die Putschisten "mit scharfen persönlichen Konsequenzen rechnen müssen, sollte dem demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum und seiner Familie etwas zustoßen". Wir würden das genauso wie unsere afrikanischen Partner als Eskalation wahrnehmen." Auf Nachfrage nannte er Sanktionen und auch nationale oder internationale Strafverfolgung als mögliche Schritte. Weiterhin hoffe die Bundesregierung, dass die Putschisten auf Vermittlungsbemühungen der Afrikanischen Union sowie der Ecowas eingehen.

Experten rechnen mit weiteren Gesprächsversuchen. Einen Militärschlag hält Sahelexperte Ulf Laessing von der Konrad-Adenauer-Stiftung für unwahrscheinlich. »Ich glaube nicht, dass es zum Krieg kommen wird. Ecowas haben zu wenig Fähigkeiten und auch keine Einsatztruppe«, sagte Laessing der dpa. Das Überraschungsmoment sei nun vorbei. »So eine Operation zu machen wäre sehr riskant, und die Chance, dass es schiefgeht, sehr hoch - und die Frage ist, was danach kommt. Dann hätte man einen Bazoum, der von ausländischen Truppen gestützt wird. Dann gibt einen neuen Coup, weil er jetzt so geschwächt ist.« Für wahrscheinlicher halte er, dass man sich mit den Putschisten auf baldige Neuwahlen einigen werde.

© dpa-infocom, dpa:230807-99-739521/7