Die Westbalkanstaaten wollen die Grundlage für mehr Reisefreiheit und einen gemeinsamen regionalen Markt schaffen und so einen wichtigen Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft gehen. Das kündigte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Freitag nach einer Westbalkan-Konferenz im sogenannten Berliner Format im Auswärtigen Amt an.
Künftig sollen die Menschen auf dem westlichen Balkan demnach nur noch ihren Ausweis benötigen, um die Grenzen zwischen ihren Ländern zu überqueren. Universitäten würden ihre Abschlüsse gegenseitig anerkennen. Dies gelte auch für berufliche Abschlüsse und Qualifikationen.
Baerbock sprach von einem »Tag der Hoffnung« und einem »großen Schritt in eine gemeinsame Zukunft für die Länder des westlichen Balkans«. Die entsprechenden drei Abkommen sollen beim Westbalkan-Gipfel auf Ebene der Staats- und Regierungschefs am 3. November in Berlin unterzeichnet werden. Zu der Staatengruppe zählen Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien. Alle sechs Länder streben den Beitritt zur EU an, befinden sich aber in unterschiedlichen Phasen der EU-Annäherung.
Baerbock: »Ein riesengroßer Schritt«
»Das sind keine kleinen technischen Dinge«, sondern ein riesengroßer Schritt für das gemeinsame Leben und einen regionalen Markt auf dem westlichen Balkan sowie »ein großer Schritt in Richtung EU«, sagte Baerbock. Die westlichen Balkanstaaten gehörten zur EU. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sprach die Ministerin von einem wichtigen Zeichen des Friedens. Die Länder hätten sich mit der unter deutscher Vermittlung zustande gekommenen Einigung entschieden, Trennendes zu überwinden und das Band aus Menschen, das sie verbinde, fester zu knüpfen.
Zum ersten Mal würden sich durch die Mobilitätsabkommen junge Menschen aus Bosnien-Herzegowina und aus Kosovo gegenseitig besuchen können, ohne vorher einen Visumsantrag stellen zu müssen, sagte Baerbock. Eine Studierende aus Montenegro werde nach ihrem Bachelor ohne Weiteres ihren Masterabschluss in der albanischen Hauptstadt Tirana machen können. Zum ersten Mal werde nach der Umsetzung der Abkommen auch ein Ingenieur aus Nordmazedonien ohne viel Bürokratie in Serbien arbeiten können. Gerade den Jugendlichen auf dem westlichen Balkan werde mit den Abkommen »ein Stück Hoffnung in Politik zurückgegeben«, lobte die Ministerin.
Baerbock forderte die Ländergruppe auch zu mehr Zusammenarbeit für Energiesicherheit und den Umstieg auf erneuerbare Energien auf. Russland setze Energie als Waffe ein. »Diese grüne Wende auf den richtigen Weg zu bringen, liegt in unserem gemeinsamen Interesse, denn wir alle profitieren von sauberer und sicherer Energie«, sagte sie. Im Kampf gegen Cyber-Bedrohungen schlug Baerbock den Ländern eine Partnerschaft zur Stärkung regionaler Abwehrkapazitäten vor. Es könnten Erfahrungen ausgetauscht werden, wie etwa Krankenhäuser oder Kraftwerke vor Cyberattacken geschützt werden könnten.
Verhältnis zwischen Serbien und Kosovo schwierig
Der »Berliner Prozess« wurde von der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) 2014 ins Leben gerufen. Mit dem Format soll die EU-Annäherung der Westbalkan-Staaten voran gebracht werden.
Am schwierigsten gestaltet sich das Verhältnis zwischen Serbien und dem Kosovo, das früher einmal zu Jugoslawien und Serbien gehörte. Belgrad erkennt den Staat Kosovo, der heute fast ausschließlich von Albanern bewohnt wird, nicht an und reklamiert das Staatsgebiet für sich. Das Kosovo hatte sich nach einem bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner und nach einer Nato-Intervention im Jahr 1999 neun Jahre später für unabhängig erklärt. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, erkennen das Kosovo an, nicht aber Serbien, Russland, China und fünf EU-Länder, darunter Spanien und Griechenland.
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