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Baerbock verteidigt Nato-Entscheidung gegen Flugverbotszone

Die Forderungen nach einer Flugverbotszone weist die Nato weiterhin zurück - das bekräftigt nun auch Außenministerin Baerbock. Derweil schalten sich die Türkei und Israel als Vermittler nach Moskau ein.

Annalena Baerbock
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Foto: John Macdougall
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
Foto: John Macdougall

Außenministerin Annalena Baerbock hat die Entscheidung gegen eine Flugverbotszone über der Ukraine aus Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges verteidigt.

»Das sind die Momente in der Außenpolitik, wo man eigentlich nur zwischen Pest und Cholera wählen kann«, sagte die Grünen-Politikerin bei »Anne Will« im Ersten. Aber: Man trage die Verantwortung, dass dieser Krieg nicht zu einem dritten Weltkrieg führe. »Ein weiteres Überschwappen dieses Krieges auf Polen, auf die baltischen Staaten - das können wir nicht verantworten.«

Baerbock: Alle Hebel in Bewegung

Die Nato hatte eine entsprechende Forderung der Ukraine nach einer solchen Flugverbotszone zurückgewiesen. Die Alliierten seien sich einig, dass Nato-Flugzeuge nicht im ukrainischen Luftraum operieren sollten, hatte der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, gesagt.

Baerbock sagte im Ersten, man habe mit wirtschaftlichen und finanziellen Mitteln und mit Waffenlieferungen alle Hebel in Bewegung gesetzt, um maximalen Druck auf den russischen Präsidenten auszuüben. Man sei zudem weiter im Gespräch für humanitäre Korridore. Man schaue sich jeden Punkt genau an.

Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnte im TV-Sender »Bild« die von der Ukraine geforderte Flugverbotszone ab. Er müsse in der Verantwortung Deutschland und für das, was folgen könnte, entscheiden. »Aus diesem grauenvollen Krieg einen noch größeren Krieg zu machen, wird nicht Leid reduzieren.«

Erdogan und Bennett in Vermittlerrolle

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat bei einem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin seine Forderung nach einer Waffenruhe erneuert. Zuvor hatte Putin bereits mit dem Israels Ministerpräsident Naftali Bennett gesprochen und am Sonntag mit ihm telefoniert.

Bennett war am Samstagabend weiter zu Kanzler Olaf Scholz nach Deutschland gereist. Nach dem Telefonat Putins mit Bennett hieß es am Sonntagabend in einer Kreml-Mitteilung: »Der ausführliche Meinungsaustausch über die Situation im Zusammenhang mit der militärischen Spezial-Operation Russlands zum Schutz des Donbass wurde (...) fortgesetzt.«

Erdogan habe in dem Telefonat am Sonntag betont, dass die Türkei bereit sei, zur friedlichen Lösung des Konflikts beizutragen, erklärte das Präsidialbüro. Es müssten für eine Waffenruhe, für die Öffnung »humanitärer Korridore« und für die Unterzeichnung eines Friedensabkommens dringend Schritte eingeleitet werden. Das Nato-Mitglied Türkei unterhält enge Beziehungen zur Ukraine und zu Russland.

Russland signalisiert Dialogbereitschaft

Laut dem Kreml bekräftigte Putin die Bereitschaft Russlands zum Dialog mit der ukrainischen Führung und mit »ausländischen Partnern« mit dem Ziel, den Konflikt zu lösen. Ein Ende der »Spezial-Operation« sei nur möglich, wenn Kiew die Kampfhandlungen einstelle und die Bedingungen Russlands erfülle. Dazu gehört etwa die Anerkennung der Unabhängigkeit der Regionen Luhansk und Donezk und die »Zugehörigkeit« der Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu Russland. Das hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stets abgelehnt.

Das Telefonat mit Putin dauerte nach Angaben türkischer Medien etwa eine Stunde. Erdogan hatte am Freitag auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Die Türkei verurteilt die Invasion, beteiligt sich aber nicht an Sanktionen gegen Russland.

Bennett bei Scholz

Nach einem Besuch in Moskau beriet sich Israels Ministerpräsident Naftali Bennett in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Samstagabend über den Ukraine-Konflikt. »Im Mittelpunkt des 90-minütigen Gesprächs standen die Ergebnisse der Unterredung, die der Ministerpräsident am Samstag mit dem russischen Präsidenten Putin in Moskau gehabt hatte«, teilt Regierungssprecher Steffen Hebestreit im Anschluss mit. Man wolle in der Sache weiter in engem Kontakt bleiben.

Das gemeinsame Ziel bleibe es, den Krieg in der Ukraine »so schnell wie irgend möglich« zu beenden, hieß es in der Mitteilung weiter. »Daran werde man mit aller Kraft arbeiten.«

Drei Stunden mit Putin

Bennett hatte sich zuvor in Moskau mit Kremlchef Putin getroffen, um über den Ukraine-Krieg zu sprechen. Aus Regierungskreisen in Jerusalem hieß es, das Gespräch zwischen Putin und Bennett in der russischen Hauptstadt habe drei Stunden gedauert. Bennett habe sich mit den USA, Deutschland und Frankreich abgestimmt und sei »in ständiger Kommunikation mit der Ukraine«.

Nach Angaben aus Jerusalem telefonierte Bennett nach dem Treffen mit Putin auch mit Wolodymyr Selenskyj. In der Nacht zum Sonntag gab es zudem ein Telefongespräch zwischen Selenskyj und US-Präsident Joe Biden. Bei dem gut halbstündigen Gespräch habe Biden die Maßnahmen der USA, ihrer Verbündeten und der Privatwirtschaft unterstrichen, »mit denen Russland die Kosten für seine Aggression in der Ukraine auferlegt werden«, teilte das Weiße Haus mit.

Israel als Vermittler im Gespräch

Im Ukraine-Krieg ist Israel als Vermittler im Gespräch. Medienberichten zufolge soll Selenskyj Bennett vor einigen Tagen gebeten haben, in Israel Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine auszurichten. Israel hat gute Beziehungen zu beiden Ländern, befindet sich daher aber auch in einem Zwiespalt. Es will seinen wichtigsten Bündnispartner, die USA, nicht verärgern, ist aber gleichzeitig aus strategischen Gründen vom Wohlwollen Moskaus abhängig, unter anderem in den Konflikten mit Syrien und dem Iran.

Nach Angaben von Bennetts Büro war bei dem Treffen mit Putin auch der israelische Wohnungsbauminister Seew Elkin zugegen, der bei der Übersetzung helfe. Elkin stammt aus der ukrainischen Stadt Charkiw und gilt als Putin-Kenner. Er hatte auch stets bei den Treffen von Bennetts Amtsvorgänger Benjamin Netanjahu mit Putin teilgenommen.

© dpa-infocom, dpa:220306-99-412726/6