Außenministerin Annalena Baerbock will gemeinsam mit Indien den Kampf gegen die Klimakrise vorantreiben. Vor der größten Bedrohung für alle Menschen auf der Welt in diesem Jahrhundert könne keine Armee schützen, »dagegen können wir nur gemeinsam ankämpfen«, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag in Neu Delhi bei einem Forum zu Deutschlands Prioritäten im indopazifischen Raum. Sie freue sich, dass Indien den Klimaschutz ganz oben auf die Tagesordnung seiner G-20-Präsidentschaft gesetzt habe.
Indien hat am 1. Dezember den Vorsitz der G20-Runde der führenden Industrie- und Schwellenländer übernommen. Das Motto für die Präsidentschaft ist: »Eine Erde, eine Familie, eine Zukunft.« Baerbock sagte, dies spiegle wider, »dass wir dieser Zukunft nur gemeinsam begegnen können, wenn wir als Familie vereint stehen« - auch wenn man nicht immer einer Meinung sei.
Baerbock: Lichtjahre beim Klimaschutz überspringen
Baerbock würdigte die Anstrengungen Indiens für die Energiewende. Jedes Solarpanel und jede Elektro-Rikscha mache deutlich, »dass Indien das Potenzial hat, Lichtjahre beim Klimaschutz zu überspringen«, sagte sie beim Besuch des Dorfes Khori etwa zweieinhalb Autostunden südwestlich der Hauptstadt Neu Delhi.
Die erneuerbaren Energien würden Indien dabei helfen, »nicht in die Falle der Fossilen (Energien wie Kohle, Öl und Gas) treten zu müssen, um aus der Armut herauszukommen«, ergänzte Baerbock. Erneuerbare Energie werde in dem Land nicht nur zur Elektrifizierung, sondern auch zur Armutsbekämpfung genutzt.
Indien setzt zunehmend auf erneuerbare Energie
Viele Menschen in Indien haben noch nicht genügend Zugang zu Strom. So nimmt der Strombedarf des Landes zu. Dabei setzt Indien zunehmend auf erneuerbare Energien im Strommix und baut unter anderem große Solarparks. Aber das Land setzt auch auf mehr Kohle und stark gestiegene Ölimporte aus Russland. Indien liegt bei den Treibhausgas-Emissionen an vierter Stelle der - nach den USA, China und der Europäischen Union. Pro Kopf gerechnet verbraucht ein Mensch in Indien jedoch viel weniger Energie als ein Deutscher.
Indien ruft Industrienationen immer wieder dazu auf, ihre Versprechen zur Klimafinanzierung einzuhalten. Das Land argumentiert, dass westliche Länder grundsätzlich mehr tun müssen, weil sie in ihrer Geschichte bereits sehr viel Klimagas ausgestoßen haben. Indien hat das Ziel, bis zum Jahr 2070 klimaneutral zu werden.
Baerbock im Dorf Khori
In Khori informierte sich Baerbock über die Arbeit einer von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stifung und dem katholischen Hilfswerk Misereor unterstützten Nichtregierungsorganisation, die sich seit langem mit den Themen Mikrofinanzierung, nachhaltige Energie, Wiederaufforstung und der Stärkung von Frauen beschäftigt. Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb bewässern solarbetriebene Wasserpumpen Senfpflanzen auf den Feldern.
Am Eingang zu der Farm las Projektleiter Sunder Lal der Ministerin den Wahlspruch auf dem Tor vor: Nur wenn man zusammen in Richtung Gleichberechtigung der Geschlechter hinarbeite, werde das Land ein entwickeltes Land. Wenn es keine Gleichheit zwischen den Geschlechtern gebe, könne man nicht behaupten, ein entwickeltes Land zu sein. Baerbock reagierte begeistert - auch vor dem Hintergrund des von ihr vorangetriebenen Konzepts einer feministischen Außenpolitik.
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