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Baerbock: Lassen Zerstörung der OSZE durch Russland nicht zu

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa soll Spannungen abbauen. Doch Moskau hat die OSZE in eine tiefe Krise gestürzt. Russlands Außenminister reagiert wie gewohnt.

Annalena Baerbock
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock beim Treffen des 30. Ministerrats der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Foto: Sebastian Christoph Gollnow/DPA
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock beim Treffen des 30. Ministerrats der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.
Foto: Sebastian Christoph Gollnow/DPA

Außenministerin Annalena Baerbock hat die Mitglieder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aufgerufen, sich der Blockade durch Russland entgegenzustellen. Die Zusammenarbeit müsse gestärkt werden, »auch wenn Russland der Arbeit der OSZE in den letzten anderthalb Jahren massiv Steine in den Weg gelegt hat«, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag am Rande der jährlichen Ministerkonferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies die Schuld an der Krise der OSZE ausschließlich dem Westen zu.

In der OSZE können Entscheidungen nur im Konsens aller 57 Mitgliedsländer getroffen werden. Mit seiner Veto-Politik hat Russland die Übernahme des OSZE-Vorsitzes durch den baltischen Nato-Staat Estland für 2024 verhindert. Erst am Montag gelang eine diplomatische Einigung auf den neutralen Staat Malta. Die Kompromisslösung soll in Skopje formell abgesegnet werden.

Baerbock kritisierte: »Das perfide Spiel der russischen Regierung ist und war es eben auch, Organisationen, die auf ein friedliches Miteinander, auf Kooperation setzen, mit dem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine ebenfalls zu zerstören.« Die OSZE stehe wie kaum eine andere Organisation für die Sicherheit von mehr als 1,3 Milliarden Menschen. Baerbock sagte: »Die OSZE zu retten bedeutet, unser Volk zu schützen. Das ist unsere Verantwortung.«

Vom russischen Präsidenten Wladimir Putin verlangte Baerbock ein sofortiges Ende des Kriegs gegen die Ukraine. »Stoppen Sie das unsägliche Leid, das Sie über Millionen von Menschen bringen«, sagte sie. Lawrow war zum Zeitpunkt von Baerbocks Rede nicht im Raum. Baerbock kritisierte, der Russe sei wie bei anderen Sitzungen offensichtlich nur im Saal, »wenn er selber spricht, aber nicht, um anderen zuzuhören«.

Lawrow: OSZE »Anhängsel« von Nato und EU

Lawrow machte deutlich, dass die tiefe Krise der OSZE aus Russlands Sicht allein Schuld westlicher Staaten sei. »Die OSZE wird zu einem Anhängsel der Nato und der Europäischen Union. Die Organisation steht am Rande des Abgrunds«, sagte er. Die »westliche Politikelite« habe sich für die östliche Nato-Erweiterung und somit gegen die OSZE entschieden. Mehrere Delegierte anderer Staaten gingen während Lawrows Auftritt aus dem Saal. Nach seiner Rede verließ auch Lawrow wieder den Konferenzraum.

Minister von Ukraine und Balten-Staaten bleiben wegen Lawrow fern

Die Außenminister der Ukraine und der drei baltischen Staaten blieben dem Treffen aus Protest gegen Lawrows Anwesenheit fern. Fast alle der 57 OSZE-Staaten vertreten die Ansicht, dass Russlands Vetohaltung und der russische Angriffskrieg in der Ukraine daran Schuld sind, dass die OSZE ihre Handlungsfähigkeit als Plattform für Frieden, Demokratie und Dialog stark eingebüßt hat.

Baerbock warnt Russland vor »Vollblockade«

Baerbock sagte, um die Arbeitsfähigkeit der OSZE zu erhalten, sei es dringend erforderlich, die Amtszeiten von Generalsekretärin Helga Schmid und den OSZE-Vertretern für Demokratie, Medienfreiheit und Minderheiten zu verlängern. An Russland gewandt ergänzte sie: »Wenn es einen Kompromiss braucht, dann stehen wir bereit. Aber Kompromisse von Kompromissen sind keine Kompromisse mehr, sondern sie sind dann eine Vollblockade.« Schmid und ihre drei Kolleginnen und Kollegen müssten ohne Verlängerung Anfang Dezember ihre Posten räumen.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg sprach laut einer Sprecherin des Außenministeriums in Wien am Rande der Konferenz auf Bitte der OSZE mit Lawrow über das Personalpaket. Als Sitzstaat der Organisation habe Österreich einen besondere Verantwortung, hieß es.

OSZE-Generalsekretärin spricht von bedrohlichem Geldmangel

Nach Angaben von Generalsekretärin Schmid kämpft die OSZE mit einem bedrohlichen Geldmangel. Die Organisation habe dieses Jahr nur dank Spenden von Mitgliedstaaten die Insolvenz abgewendet. Die finanziellen Ressourcen seien »nicht mehr tragbar«. »So kann man keine Organisation führen«, klagte Schmid, ohne Russland direkt anzusprechen. Moskau blockiert auch das Budget der OSZE.

© dpa-infocom, dpa:231130-99-126774/7