Ampel-Koalition und Union sind uneins über die Einsetzung von Bürgerräten als neues Instrument der Bürgerbeteiligung. Während sich die Koalitionäre davon eine Stärkung der Demokratie erhoffen, gibt es bei der Union die Sorge vor einer Schwächung der Parlamente. Der Bundestag wollte sich am Mittwochabend (18.00 Uhr) mit der Einsetzung eines Bürgerrates zum Schwerpunkt »Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben« befassen. Grundlage ist ein Antrag von SPD, Grünen, FDP und Linken.
Die Idee solcher Räte hatten die Ampel-Partner auch im Koalitionsvertrag vereinbart. »Wir wollen die Entscheidungsfindung verbessern, indem wir neue Formen des Bürgerdialogs wie etwa Bürgerräte nutzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben«, heißt es dort. Bürgerräte sollten zu konkreten Fragestellungen durch den Bundestag eingesetzt und organisiert werden.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas verteidigte das Projekt. »Bürgerräte sehe ich als Brücken zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie der Politik, die frische Sichtweisen und neues Vertrauen in die etablierten Institutionen bringen können«, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Mittwoch). »Alle sollten mitreden können. Wir möchten die Vielfalt unserer Gesellschaft noch besser abbilden«, betonte Bas.
Keine Entscheidungsgewalt geplant
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Leon Eckert sagte dem Nachrichtenportal t-online, eine Demokratie müsse sich weiterentwickeln, um dauerhaft zu bestehen. »Mit dem Bürgerrat rücken wir die Meinungen der Menschen näher an das Parlament.«
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, verwies darauf, dass ein vom Bundestag eingesetzter Bürgerrat keine Entscheidungsgewalt hätte und seine Empfehlungen auch keine Bindungswirkung. »Ein nach gesellschaftlichen Fokusgruppen geloster Bürgerrat ist kein «Nebenparlament» oder «Überparlament». Die einzige Entscheidungslegitimation verleiht nach unserem Demokratieverständnis die Wahl, nicht das Los«, teilte Thomae mit.
In der Union sieht man hingegen die Gefahr einer Schwächung der Parlamente. Die Chefin der Wirtschafts- und Mittelstandsunion (MIT), die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann, sagte t-online: »Bürgerräte führen nicht zu mehr Demokratie – im Gegenteil. Damit wird die Bedeutung von Parlamenten unterminiert.« Bürgerinnen und Bürger würden von gewählten Abgeordneten vertreten. Der Bundestag könne jederzeit Experten aus Wissenschaft und Gesellschaft befragen. »Es braucht keine Alibi-Parlamente, die per Los zusammengewürfelt werden«, betonte Connemann.
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