Logo
Aktuell Ausland

Ausreisen nach Angriff auf Krankenwagen gestoppt

Israels Armee trifft bei ihrem Vormarsch nach eigenen Angaben einen von der islamistischen Hamas benutzten Krankenwagen. Der Angriff löst Bestürzung aus - und hat noch andere Folgen. Der Überblick.

Nahostkonflikt - Gaza
Menschen versammeln sich um einen Krankenwagen, nachdem dieser vor dem Eingang des Schifa-Krankenhaus angegriffen wurde. Foto: XinHua/DPA
Menschen versammeln sich um einen Krankenwagen, nachdem dieser vor dem Eingang des Schifa-Krankenhaus angegriffen wurde.
Foto: XinHua/DPA

Nach einem israelischen Angriff auf einen Krankenwagen sind Ausreisen aus dem Gazastreifen vorerst gestoppt worden. Betroffen sind verletzte Palästinenser ebenso wie Ausländer und Palästinenser mit doppelter Staatsbürgerschaft. Aus Sicherheitskreisen in Gaza hieß es, dass Ausländer den Gazastreifen nicht verlassen könnten, ehe nicht die Verwundeten nach Ägypten gebracht werden können.

Auch eine dem Ägyptischen Roten Halbmond nahestehende Quelle bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, Mitarbeiter des Palästinensischen Roten Halbmonds seien von den Behörden angewiesen worden, den Transport verwundeter Palästinenser vorerst einzustellen. Es müssten zunächst sichere Wege für die Durchfahrten von Krankenwagen aus dem Gazastreifen zum Grenzübergang Rafah zu Ägypten geschaffen werden.

Die Aussagen der Kriegsparteien zum Beschuss

Israels Armee hatte bei ihrem Vormarsch im Norden des Gazastreifens nach eigenen Angaben einen von der islamistischen Hamas benutzten Krankenwagen angegriffen. Dabei seien mehrere Terroristen getötet worden, teilte das Militär mit.

Laut Palästinensischem Roten Halbmond und dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium sollten Verwundete zum Grenzübergang Rafah gebracht werden, damit sie in Ägypten behandelt werden können. Der Rote Halbmond verurteilte den Angriff auf den Konvoi von Krankenwagen.

15 Menschen sollen demnach bei dem Raketenangriff vor den Toren des Krankenhauses getötet und weitere 60 verletzt worden sein. Alle Angaben sind derzeit nicht unabhängig überprüfbar.

Bericht: Mehr als 700 Menschen warteten auf Ausreise

Der US-Sender CNN berichtete unter Berufung auf ägyptische Behörden, dass rund 730 Menschen aus dem Gazastreifen ausreisen sollten, unter ihnen 386 US-Bürger und 151 Deutsche. Dem Ägyptischen Roten Halbmond zufolge haben seit Ausbruch des Gaza-Kriegs bisher 1102 Ausländer und Palästinenser mit einem zweiten Pass den Gazastreifen verlassen.

Führende UN-Vertreter nach Beschuss entsetzt und schockiert

Die Bilder von auf der Straße liegenden Leichen vor dem Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza seien erschütternd, schrieb UN-Generalsekretär António Guterres am späten Freitagabend. Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan warf Guterres daraufhin vor, dass er »völlig die Tatsache ignoriert, dass die Hamas Krankenwagen absichtlich für Terrorziele missbrauchen«.

Mit Blick auf das Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober schrieb Erdan: »Wo war Ihr Horror, als die Hamas mit Panzerabwehrraketen auf israelische Krankenwagen schoss und Rettungssanitäter kaltblütig hinrichtete?«

Der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Ghebreyesus, schrieb auf der Plattform X (vormals Twitter): »Wir sind zutiefst schockiert über die Berichte über Angriffe auf Krankenwagen, die Patienten in der Nähe des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza evakuieren, die zu Todesfällen, Verletzungen und Schäden geführt haben.« Er fügte hinzu: »Wir wiederholen: Patienten, medizinisches Personal, Einrichtungen und Krankenwagen müssen jederzeit geschützt werden. Immer.« Der WHO-Chef forderte auch einen sofortigen Waffenstillstand.

Hamas feuert Rakete Richtung Eilat

Der bewaffnete Arm der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Palästinenserorganisation Hamas hat erneut eine Rakete mit größerer Reichweite in den Süden Israels gefeuert. Die Kassam-Brigaden teilten mit, sie hätten eine Rakete des Typs Ajasch 250 auf die israelische Hafenstadt Eilat am südlichsten Punkt Israels geschossen. Dabei handelt es sich um eine Rakete aus Eigenproduktion, die nach Hamas-Angaben eine Reichweite von 250 Kilometern haben soll.

Die israelische Armee teilte mit, nach Raketenalarm in der Arava-Region nördlich von Eilat sei ein Angriff aus dem Gazastreifen identifiziert worden. Das Geschoss sei von der Raketenabwehr Arrow (Pfeil) abgefangen worden. Nach Angaben von Sanitätern gab es nach ersten Erkenntnissen keine Verletzten.

Sofortiger Waffenstillstand gefordert

Unterdessen haben mehrere arabische Staaten und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) haben nach einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken einen »sofortigen Waffenstillstand in Gaza« gefordert. Ein »sofortiger und bedingungsloser Waffenstillstand in Gaza« sei dringend notwendig, sagte der jordanische Außenminister Aiman al-Safadi bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Amman. Angemessene Hilfen müssten unverzüglich im Gazastreifen ankommen. Die »Vertreibung der Palästinenser« müsse gestoppt werden. »Mord und Kriegsverbrechen müssen aufhören und die Immunität Israels gegenüber dem Völkerrecht muss enden«, so Al-Safadi.

Laut einem US-Medienbericht im Gaza-Krieg versucht die islamistische Hamas, verletzte Mitglieder ihres militärischen Arms über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten herauszuschmuggeln. Damit habe sie die Evakuierung von Ausländern aus dem Gaza-Streifen verzögert, schrieb die »New York Times« unter Berufung auf einen hohen amerikanischen Regierungsbeamten.

Israel richtet Zeitfenster von drei Stunden für Flucht ein

Die israelische Armee hat den Zivilisten im Gazastreifen erneut ein Zeitfenster für die Flucht in den Süden des Küstengebiets genannt. Einwohner hätten von 13.00 bis 16.00 Uhr Ortszeit (12.00 bis 15.00 Uhr MEZ) Zeit, um eine sichere Fluchtroute zu nutzen, schrieb ein israelischer Armeesprecher auf X in arabischer Sprache rund eine Stunde vor Beginn des Zeitfensters. Die Armee veröffentlichte auch eine Karte mit der ausgewiesenen Straße.

Israels Armee hatte die Menschen im Norden bereits mehrfach aufgefordert, in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu fliehen. Dies haben nach Militärangaben schon mindestens rund 700.000 Menschen getan. Die Vereinten Nationen sprechen sogar von 1,4 Millionen Binnenflüchtlingen. Insgesamt leben in dem dicht besiedelten Gebiet mehr als 2,2 Millionen Menschen.

Erneute Zwischenfälle an Israels Nordgrenze

An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon hat es erneut Gefechte gegeben. Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge Terrorzellen im Libanon attackiert, die versucht hätten, Ziele in Israel anzugreifen. Das Militär habe zudem mehrere Raketenstarts aus dem Nachbarland registriert und die Orte der Abschüsse angegriffen, wie die Armee auf Telegram mitteilte. Berichte über Verletzte gab es den Angaben nach zunächst nicht.

Die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon erklärte, sie habe das Grenzgebiet mit Raketen angegriffen. Dabei sei israelisches Gebiet getroffen worden. Als Reaktion hätten israelische Kampfflugzeuge libanesisches Gebiet angegriffen. Verschiedene Außenbezirke seien vom israelischen Militär beschossen worden.

Erdogan bricht Kontakt zu Netanjahu ab

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat im Zuge des Gaza-Kriegs nach eigenen Worten den Kontakt zu Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu abgebrochen. "Netanjahu ist für uns keine Art von Gesprächspartner mehr.

Wir haben ihn gelöscht, wir haben ihn durchgestrichen", sagte Erdogan laut einer Mitteilung seines Pressebüros auf dem Rückflug von der kasachischen Hauptstadt Astana. Ankara beabsichtige allerdings nicht, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen. Das türkische Außenministerium rief seinen Botschafter in Israel "zu Konsultationen" nach Ankara zurück.

© dpa-infocom, dpa:231104-99-818817/14