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Atomkraft: Kanzler Scholz rechnet mit schneller Einigung

Während der Habeck seinen Plan für einen befristeten AKW-Weiterbetrieb durchs Parlament bringen will, besteht die FDP auf eine mehrjährige Laufzeitverlängerung. Braucht es ein Machtwort des Kanzlers?

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Das Atomkraftwerk Isar 2. Foto: Armin Weigel
Das Atomkraftwerk Isar 2.
Foto: Armin Weigel

Im Streit um die weitere Nutzung der Atomkraft in Deutschland hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine schnelle koalitionsinterne Klärung in Aussicht gestellt. »Sie können sicher sein, dass wir in Kürze damit fertig sind«, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Berlin bei einer Pressekonferenz. Es gehe beim Thema AKW-Weiterbetrieb jetzt vor allem darum, zu klären, welche Rahmenbedingungen nötig seien, was genau gemacht werde und wie schnell das gehe, erklärte Scholz. Zuvor hatten die Bundesministerien für Wirtschaft und Finanzen erklärt, dass die Beratungen zur Atomfrage andauerten und dass es noch Klärungsbedarf gebe.

Zwischen Grünen und FDP sind grundlegende Fragen zum Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke (AKW) umstritten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die zwei süddeutschen AKW für den Fall von Engpässen in der Stromversorgung bis ins Frühjahr einsatzbereit halten - also über den eigentlichen Abschalttermin Ende dieses Jahres hinaus. Die FDP dringt dagegen auf einen Weiterbetrieb aller drei verbliebenen AKW bis ins Jahr 2024. Eine für Montag angesetzte Kabinettsentscheidung zum Gesetzentwurf, der Habecks Plan für einen Reservebetrieb absichern soll, kam wegen des Streits nicht zustande. Wenn die gesetzlichen Änderungen nicht vorankommen, müssen die deutschen Atommeiler, wie ursprünglich geplant, am 31. Dezember dieses Jahres abgeschaltet werden.

Die Zeit läuft

Habeck machte am Mittwoch erneut Druck für eine schnelle Entscheidung. »Die Zeit läuft uns davon«, sagte er in Berlin. Habeck verwies darauf, dass beim bayerischen Kraftwerk Isar 2 Wartungsarbeiten an einem Ventil nötig seien, damit es über das Jahresende hinaus weiterlaufen kann.

Eine Leckage müsse möglichst repariert werden, weil die Brennelemente so heruntergefahren seien, dass sie ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr reichten, um das AKW wieder anzufahren. Auf die Frage, ob in dem Streit ein Machtwort von Scholz nötig sei, sagte Habeck, der Kanzler habe ein Interesse daran, dass die beiden süddeutschen Kraftwerke zur Verfügung stehen. »Man darf zu Atomkraft verschiedene Meinungen haben, das ist völlig in Ordnung«, sagte Habeck. »Aber viel zu wollen und am Ende nichts zu kriegen, scheint mir nicht besonders praxistauglich zu sein.«

In diesem Winter könne es unter bestimmten Annahmen ein Problem in der Netzstabilität geben, dafür seien die beiden süddeutschen Atomkraftwerke hilfreich, erklärte der Minister weiter. Es sei aber nicht so, dass damit alle Probleme gelöst seien. Es bestehe weiter die Notwendigkeit, weitere Energiequellen ans Netz zu nehmen und Energie einzusparen.

Ursache für Probleme in Frankreich

Habeck verwies zudem auf den Koalitionsvertrag. Ein Festhalten an der Atomindustrie verschleppe den Fortschritt in anderen Bereichen, sagte er mit Blick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Es gehe darum, ein Problem in diesem Winter zu verringern. Dieses sei maßgeblich verursacht durch die Atomkraftwerke in Frankreich. Die Lage im Winter 2023/2024 werde eine fundamental andere sein, erklärte Habeck.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums bekräftigte am Mittwoch, dass es bei den derzeit laufenden Beratungen nach wie vor um das Ermöglichen einer Einsatzreserve bis Mitte April 2023 gehe und nicht um Laufzeitverlängerungen der Atommeiler. Es gebe deshalb derzeit auch keine Pläne oder Prüfungen zur Neubeschaffung von Brennstäben. Eine solche Neubeschaffung wäre aus Sicht des Ministeriums »mit einer mehrjährigen Laufzeitverlängerung verbunden«, erklärte der Sprecher. »Das kommt aus unserer Sicht nicht in Betracht.«

© dpa-infocom, dpa:221012-99-98744/6