Die Zahl neuer Asylsuchender in Deutschland hat im Oktober dieses Jahres mit 31.887 den höchsten Wert seit 2016 erreicht. Im damaligen September war die Zahl der Erstanträge mit mehr als 70.000 letztmals höher, wie ein Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg sagte.
Im bisherigen Verlauf des Jahres 2023 kamen 267.384 Erstanträge auf Asyl zusammen. Damit wird 2023 auch das Jahr mit den meisten Asylanträgen seit dem Rekordjahr 2016 werden. Damals waren 722.370 Erstanträge auf Asyl gestellt worden.
Woher kommen die meisten Antragsteller?
Die meisten Antragsteller auf Asyl kamen der Statistik des Bundesamtes zufolge 2023 bisher aus Syrien mit 83.336 gefolgt von der Türkei mit 45.086 und Afghanistan mit 43.958.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, kritisierte: »Diese massive Migrationskrise war lange absehbar, und dennoch hat die Ampel nie gegengesteuert.« Die Entwicklung werde aller Voraussicht nach im nächsten Jahr ihre Fortsetzung finden, »da auch die Beschlüsse des Bundeskanzlers daran nichts ändern werden«, sagte der CDU-Politiker.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer einen Kompromiss erarbeitet, der unter anderem darauf abzielt, die Anreize für Asylbewerber zu verringern. Bei der Finanzierung der Kosten zahlt der Bund künftig eine Pauschale von jährlich 7500 Euro pro Asylbewerber, nicht mehr eine Gesamtsumme in Höhe von derzeit 3,7 Milliarden Euro.
Bundespolizeipräsident: Grenzkontrollen wirken
Aus Sicht von Bundespolizeipräsident Dieter Romann wirken die derzeit ausgeweiteten Grenzkontrollen gegen irreguläre Migration. »Seit Ende Oktober gehen die unerlaubten Einreisezahlen und festgestellten Schleusungsdelikte signifikant zurück«, sagte Romann in Berlin.
Seit Mitte Oktober gibt es zur Bekämpfung von irregulärer Zuwanderung und Schleuserkriminalität stationäre Kontrollen an den Grenzen Deutschlands zu Polen, Tschechien und der Schweiz. An der Grenze zu Österreich waren bereits im Jahr 2015 angesichts zahlreicher Flüchtlinge wieder stationäre Kontrollen eingeführt worden. In diesen Grenzabschnitten seien rund 4000 Beamtinnen und Beamte im Einsatz, sagte Romann.
In den vergangenen drei Wochen habe die Bundespolizei, Stand Dienstag, 9622 unerlaubte Einreisen an diesen Grenzabschnitten festgestellt, sagte Romann. In 3900 Fällen seien Betroffene zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden. Bis Montag seien 236 Schleuser vorläufig festgenommen worden mit 4362 geschleusten Personen.
Die Frage, wie viele Menschen, denen die Einreise verweigert worden ist, an anderer Stelle unbemerkt die Grenze passieren, konnte Romann nicht beantworten. »Das ist nicht auszuschließen«, räumte der Behördenchef ein. Er betonte aber, dass Nichtstun für ihn keine Option sei. »Die Alternative wäre ein wehrloses Unterlassen. Das kommt nicht in Frage.«
Auch grüne Grenze im Blick
Die Bundespolizei habe auch die grüne Grenze im Blick, sagte Romann. Schleuser seien teils dazu übergegangen, Menschen schon vor der Grenze abzusetzen, die diese dann zu Fuß überquerten. Manchmal würden die Geschleusten dann auf deutscher Seite wieder aufgenommen und weitergebracht.
Es seien im laufenden Jahr zudem fast 1900 Wiedereinreisesperren verhängt worden, sagte Romann. Eine Wiedereinreisesperre bedeutet, dass jemand beim Versuch einer erneuten Einreise abgewiesen wird - vorausgesetzt, er wird aufgegriffen. Die Einreise kann allerdings grundsätzlich nicht verweigert werden, wenn jemand an der Grenze Asyl beantragt, unabhängig davon, ob eine Wiedereinreisesperre besteht oder nicht.
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