Die Bundesregierung will die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen in Deutschland endlich in die Lage versetzen, wichtige Behördenangelegenheiten digital zu erledigen. Das sieht ein neues Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung (OZG 2.0) vor, das im Bundeskabinett auf den Weg gebracht wurde.
Künftig könnten digitale Anträge deutschlandweit über die »BundID« als zentrales Bürgerkonto gestellt werden, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Eine Frist zur Umsetzung der Digitalisierungsprojekte vor allem in den Kommunen wurde allerdings nicht festgelegt.
Der Verzicht auf Umsetzungsfristen für die Online-Projekte war bereits nach der Veröffentlichung eines ersten Referentenentwurfs im Januar nicht nur von den Oppositionsparteien kritisiert worden. Er wurde auch von Vertretern der Grünen und der FDP bemängelt.
Unter anderem Eheschließung digital beantragen
Faeser sagte, dass sich der Bund zusammen mit Ländern und Kommunen jetzt auf 15 besonders wichtige Leistungen fokussiere. »Spätestens 2024 werden dadurch zum Beispiel die Kfz- oder Führerschein-Anmeldung, die Ummeldung, die Eheschließung, eine Baugenehmigung und das Elterngeld deutschlandweit digital beantragt werden können. Das ist ein großer Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger - und ein Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Staat.«
Das neue OZG stieß auf heftige Kritik in der Digitalwirtschaft. »Die Bundesregierung verpasst mit den jetzt geplanten Änderungen am Onlinezugangsgesetz die Chance, die Digitalisierung der Verwaltung wirklich konsequent voranzutreiben«, sagte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg. »Der vorliegende Gesetzentwurf ist kein OZG 2.0, sondern allenfalls ein OZG 1.1. Der Bund will sich noch einmal fünf Jahre Zeit lassen, bis seine eigenen Verwaltungsleistungen digital abgewickelt werden können.«
Once-Only-Prinzip
Das Innenministerium dagegen betonte, mit dem neuen OZG werde ein Schwerpunkt darauf gelegt, Verwaltungsabläufe komplett auf digitale Prozesse umzustellen. Die Zettelwirtschaft werde endgültig durch die gesetzliche Verankerung des sogenannten Once-Only-Prinzips abgeschafft. Nachweise für einen Antrag - zum Beispiel eine Geburtsurkunde - müssen nach diesem Prinzip nur einmal (once only) vorgelegt werden und können zukünftig auf elektronischem Wege bei den zuständigen Behörden und Registern mit Einverständnis des Antragstellers abgerufen werden.
Damit digitale Anträge nicht mehr auf Papier unterschrieben werden müssen, wird bei der digitalen Abwicklung auf die bislang notwendige Schriftform verzichtet. Durch die Gesetzesänderung könnten zukünftig alle Leistungen rechtssicher einfach und einheitlich mit der Onlineausweisfunktion des Personalausweises digital beantragt werden. »Es ist keine händische Unterschrift mehr notwendig«, versprach Faeser.
Das BundID-Konto gibt es schon seit 2019
Mit der BundID wird ein digitales Postfach bereitgestellt, über das die Bürgerinnen und Bürger mit der Verwaltung kommunizieren können. Außerdem können über dieses Bürgerkonto Bescheide zugestellt werden können. Auch finanzielle Hilfen des Staates sollen über dieses Konto laufen. Das BundID-Konto gibt es schon seit 2019, sie fristete aber jahrelang ein Nischendasein. Erst mit der Auszahlung der Einmalzahlungen für Studierende und Fachschülerinnen und Fachschüler in Höhe von 200 Euro zu ihren gestiegenen Heizkosten in diesem Frühjahr wurde sie massenhaft genutzt.
Die BundID soll künftig bundesweit einheitlich genutzt werden. Die Bundesländer mit eigenen ID-Konten wie Bayern und Baden-Württemberg haben nun drei Jahre lang Zeit, sich von ihren Lösungen zu verabschieden. Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt hatten zuvor bereits angekündigt, mit der BundID ihre landeseigenen Servicekonten abzulösen.
Für die Grünen im Bundestag erklärte die Digitalexpertin Misbah Khan, nun gelte es, den Datenschutz und die IT-Sicherheit in der Verwaltung hochzuhalten. »Insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Cyberangriffe ist die effektive Absicherung unserer staatlichen Infrastrukturen ein Grundpfeiler der wehrhaften Demokratie.« Nur wenn die persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürgern im digitalen Staat sicher seien, werde er auf eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz stoßen.
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