CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat angesichts des Haushaltsstreits der Ampel-Regierung vor Steuererhöhungen gewarnt. Er habe »kein Vertrauen in die FDP, dass sie die weiteren Steuererhöhungswünsche von Grünen und SPD abwehren wird«, sagte der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag der Deutschen Presse-Agentur.
Er kritisierte: »Dass sich die Ampel bei absoluten Rekordsteuereinnahmen des Bundes im Jahr 2023 auf keinen Haushalt einigen kann und weitere Steuererhöhungen und eine hohe Neuverschuldung im Raum stehen, ist der deutliche Ausdruck von mangelnder finanzpolitischer Seriosität.«
Seit Wochen ringen die Ampel-Minister um den Haushalt für 2024. Noch immer sind die Ausgabenwünsche deutlich höher als der Spielraum, den Finanzminister Christian Lindner im Etat ausgemacht hat. Der FDP-Chef warf SPD und Grünen daher vor, es gebe »kein gemeinsames Verständnis für die finanzpolitischen Realitäten«.
Die Kritik aus der CSU will man in der Ampel trotzdem nicht auf sich sitzen lassen. »Dass ausgerechnet die CSU solide Finanzen anmahnt, ist ein starkes Stück«, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der dpa. Schließlich habe die Union selbst im Jahrzehnt der Niedrigzinsen die Ausgaben deutlich ausgedehnt, ohne die Bürger zu entlasten. »Angesichts steigender Zinsen und historischer Inflation rächt sich das unsolide Wirtschaften der Union im Bundeshaushalt gleich doppelt«, sagte Dürr. Die Ampel-Regierung dagegen habe es geschafft, die Menschen zu entlasten und gleichzeitig Investitionen in Bildung, Klimaschutz und Infrastruktur voranzubringen.
Was wird kritisiert?
Dobrindt dagegen kritisierte: »Die Steuereinnahmen explodieren - die Mehrwertsteuereinnahmen steigen durch die Inflation, die Einkommensteuereinnahmen steigen durch die Lohnabschlüsse.« Statt über Steuersenkungen zu reden, »damit den Arbeitnehmern von ihren Lohnsteigerungen mehr in der Tasche bleibt, spekuliert diese Ampel über neue Schulden und Steuererhöhungen«. Vorboten seien die Erhöhung der Erbschaftssteuer im Immobilienbereich und die fünf bis sechs Milliarden Euro schwere Erhöhung der Lkw-Maut, »die von den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu bezahlen sein wird.« »Damit hat sich die Ampel die Auffahrtsrampe für weitere Steuererhöhungen geschaffen.«
Dürr wies die Kritik als inhaltlich falsch zurück: »Es ist mir ein Rätsel, wo Herr Dobrindt von einer Erhöhung der Erbschaftsteuer gelesen hat«, sagte er. »Bevor man lautstark austeilt, sollte man sich informieren.« Er sorge sich, dass die steuerpolitische Kompetenz der Union verloren gegangen sei - was auch erkläre, dass sie selbst keine konzeptionellen Vorschläge mache.
Dobrindt ging auch Lindner scharf an: »Wenn der Bundesfinanzminister seinen Koalitionspartnern vorwirft, sie würden finanzielle Realitäten nicht anerkennen, kommt das einem Offenbarungseid gleich«, sagte er. Eine Regierung, die auf ein »Haushaltsblockade« zusteuere, verunsichere nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland, sondern auch die europäischen Partner. Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas brauche wieder Solidität und Seriosität bei den Finanzen. »Eine Haushaltsblockade verschärft die finanzpolitische Ampel-Schieflage.«
Zusatzwünsche von rund 70 Milliarden Euro angemeldet
Üblicherweise werden vor dem endgültigen Regierungsentwurf für den Etat Eckwerte vorgelegt - Lindner hatte zuletzt angekündigt, darauf in diesem Jahr zu verzichten. Die Minister hatten Zusatzwünsche von rund 70 Milliarden Euro angemeldet, für die er keinen Spielraum sieht, wenn die Schuldenbremse eingehalten und auf Steuererhöhungen verzichtet wird.
Es sei nicht abzusehen, wann mit einem Haushaltsentwurf zu rechnen sei, kritisierte Dobrindt. »Offensichtlich bahnt sich hier der nächste Großkonflikt innerhalb der Streit-Ampel an.« Lindner sei »ein Haushaltsjongleur, der ständig neue Bälle in die Luft wirft: mit Kernhaushalten, Schattenhaushalten, Sondervermögen und weiteren Luftbuchungen«. Beim Haushalt der Ampel sei »keine Schwarze Null abzusehen. Der Haushalt gleicht eher einem schwarzen Loch.« Mit »Schwarzer Null« wird üblicherweise das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts ohne neue Schulden bezeichnet. Die Schuldenbremse dagegen erlaubt dem Bund abhängig von der Konjunkturlage in geringem Maße auch neue Kredite.
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