Im Erzbistum Köln zeichnet sich ein immer deutlicheres Stimmungsbild gegen eine Rückkehr von Kardinal Rainer Maria Woelki ab.
Der »Kölner Stadt-Anzeiger« berichtete am Donnerstag, dass sich nun auch das engste Beratergremium Woelkis, der Erzbischöfliche Rat, fast einstimmig dagegen ausgesprochen habe. Zum Erzbischöflichen Rat gehören unter anderem der derzeitige Verwalter des Erzbistums, Rolf Steinhäuser, die Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp und Generalvikar Markus Hofmann.
Woelki befindet sich derzeit noch in einer fünfmonatigen Auszeit, will seine Amtsgeschäfte aber am 2. März wieder aufnehmen. Aus Kirchenkreisen hieß es zu dem Bericht des »Kölner Stadt-Anzeiger«, es habe im Erzbischöflichen Rat zwar keine Abstimmung über Woelkis Rückkehr stattgefunden. Es sei aber darüber gesprochen worden, und dabei sei das Stimmungsbild überwiegend skeptisch gewesen.
Sorge um die Zukunft der Kirche in Köln
Dem Domradio sagte Woelkis Kommunikationsdirektor Christoph Hardt, der Erzbischöfliche Rat habe in einer konstruktiven Atmosphäre an Szenarien für die Zeit nach dem 2. März gearbeitet. Dabei sei auch Sorge um die Zukunft der Kirche von Köln geäußert worden. Auch sei Skepsis laut geworden, dass eine Zukunft mit Kardinal Woelki an der Spitze gedeihlich gelingen könne. Umso wichtiger sei es, eine Atmosphäre des Vertrauens wiederherzustellen. Gerade deshalb sei man sich einig gewesen, kein Votum für oder gegen die Rückkehr des Kardinals auszusprechen. Hardt selbst scheidet Ende dieses Monats nach nur kurzer Zeit auf eigenen Wunsch aus dem Amt.
Wie aus Bistumskreisen verlautete, sieht auch das Domkapitel der Rückkehr Woelkis mit Skepsis entgegen. Des Weiteren hätten die Stadt- und Kreisdechanten einen Warnbrief an den Vatikan unterschrieben. Die Dechanten sind die Regionalchefs des Bistums.
Im Diözesanpastoralrat hatte es vor einigen Wochen eine geheime Abstimmung über Woelki gegeben. Mehrere hochrangige Teilnehmer schätzen, dass sich dabei 70 bis 80 Prozent gegen eine Rückkehr Woelkis ausgesprochen haben. Der Diözesanrat, die Vertretung der Laien, hatte sich öffentlich kritisch geäußert.
Vertrauenskrise und Kirchenaustritte
Das Erzbistum Köln befindet sich schon seit eineinhalb Jahren in einer Vertrauenskrise, die sich unter anderem in einem starken Anstieg der Kirchenaustritte niederschlägt. Ausgelöst wurde die Krise 2020 durch Woelkis Entscheidung, ein Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs nicht zu veröffentlichen. Er führte rechtliche Gründe dafür an und gab stattdessen ein neues Gutachten in Auftrag.
Im vergangenen Jahr entsandte Papst Franziskus zwei Bevollmächtigte nach Köln, die einen vertraulichen Bericht über die Lage im Erzbistum erstellten. Auf dieser Grundlage entschied Franziskus, dass Woelki im Amt bleiben könne, obwohl er »große Fehler« gemacht habe. Allerdings ging Woelki in eine fünfmonatige Auszeit, die er unter anderem in den Niederlanden verbrachte. An Aschermittwoch will er jedoch zurückkehren und gleich eine festliche Messe im Kölner Dom zelebrieren.
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