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AfD will eine »Festung Europa« bauen

Lange wurde spekuliert - nun herrscht Klarheit: Maximilian Krah aus Sachsen führt die AfD im nächsten Jahr als Spitzenkandidat in die Europawahl. Rechtsnationale Töne dominieren die Reden in Magdeburg.

Alice Weidel
Alice Weidel in Magdeburg. Foto: Carsten Koall/DPA
Alice Weidel in Magdeburg.
Foto: Carsten Koall/DPA

Die AfD hat die Spitzenplätze auf ihrer Kandidatenliste für die Europawahl ausschließlich mit Politikern besetzt, die Europa in eine »Festung« gegen Migranten verwandeln wollen.

Diese brauche man »zum Schutz unserer Heimat, und das machen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern«, sagte Co-Parteichefin Alice Weidel am Samstag auf der Europawahlversammlung der Rechtspopulisten in Magdeburg.

Zum Spitzenkandidaten wurde mit 65,7 Prozent Zustimmung der sächsische Europaabgeordnete Maximilian Krah gewählt. Seine Kandidatur wurde auch vom Rechtsaußen-Lager der Partei unterstützt. Gegen Krah, der seit 2022 Mitglied im Bundesvorstand der AfD ist, war der auch innerhalb der Partei weitgehend unbekannte Andreas Otti aus Berlin angetreten. Er erhielt 25,2 Prozent der Stimmen. 9,1 Prozent der Delegierten stimmten gegen beide Kandidaten.

Krah ist nicht unumstritten

Krah ist in der AfD umstritten. Im EU-Parlament gab es seinetwegen mehrfach Ärger. Die rechtsnationale Fraktion Identität und Demokratie (ID) hatte ihn zu Beginn des Jahres für drei Monate suspendiert. Dabei ging es um den Vorwurf, dass Krah die Vergabe eines PR-Auftrags der Fraktion manipuliert haben soll. Seine Mitgliedschaft in der Fraktion war 2022 schon einmal für mehrere Monate ausgesetzt worden. Damals wurde ihm vorgeworfen, dass er im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht Marine Le Pen von der ID-Mitgliedspartei Rassemblement National, sondern öffentlich die Partei des Rechtsextremen Éric Zemmour unterstützte.

Seinen parteiinternen Gegnern warf Krah vor, sie hätten eine monatelange anonyme Schmutzkampagne gegen ihn geführt. Der Jurist ist seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Bis 2016 war er Mitglied der CDU.

Das Bündnis »Solidarisches Magdeburg« protestierte am Samstag gegen die Versammlung der AfD. Ein Demonstrationszug mit mehreren Hundert Teilnehmern formierte sich in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt. Am Ende versammelten sich nach Angaben der Polizei bis zu 2000 Demonstranten. Sie zogen in Richtung Messegelände und trugen Transparente mit Slogans wie »Gegenhalten! Solidarisch gegen die rechte Hetze der AfD«. »Es ist alles friedlich geblieben«, sagte ein Polizeisprecher am Nachmittag.

Bei der Wahl der Kandidatenliste sicherte sich der bayerische Bundestagsabgeordnete Petr Bystron ohne Gegenkandidaten den zweiten Platz. In seiner Bewerbungsrede wetterte er gegen »Globalisten« und warnte vor einer angeblich drohenden Bargeldabschaffung. Er sagte: »Das Schlimmste, die Migrantenquoten, die zwangsweise Zuweisung von Migranten, das ist ein Angriff auf alles, was uns lieb ist, unsere Kultur, unsere Religion, ja, unsere Heimat.«

Mit einer ähnlichen Tonalität konnte sich René Aust, aktuell Abgeordneter im Thüringer Landtag, den dritten Listenplatz sichern. Als Kandidat vorgeschlagen wurde er von Björn Höcke, dem Vorsitzenden des als rechtsextremistische Bestrebung eingestuften Thüringer Landesverbandes. Aust, der sagte, die europäische Zivilisation sei durch »Masseneinwanderung« in Gefahr, erhielt 67,8 Prozent Zustimmung.

Am Wochenende wollten die rund 600 Delegierte noch weitere Plätze auf der Liste besetzen. Aus Parteikreisen hieß es, es könne bis zu 150 Bewerbungen geben. Bundesvorstandsmitglied Mariana Harder-Kühnel sagte, Ziel sei es, mindestens 30 Kandidaten zu wählen.

Entgegen der ursprünglichen Planung wurde zuerst mit der Aufstellung der Kandidaten für die Europawahl begonnen. Das Wahlprogramm soll erst hinterher beschlossen werden. Es wird erwartet, dass sich die Wahl der Kandidaten über mehrere Tage erstrecken wird. Am Sonntag wird die Versammlung unterbrochen, um dann am kommenden Freitag fortgesetzt zu werden.

Weidel: EU zutiefst undemokratisch

Am Freitag hatte Weidel bei einem Bundesparteitag in einer Debatte zum Beitritt der AfD-Delegation zur europäischen Partei »Identität und Demokratie« mit dafür gesorgt, dass ein Antrag von Befürwortern eines Austritts Deutschlands aus der Europäischen Union abgelehnt wurde. Heute sagte sie, die EU sei zutiefst undemokratisch und übergriffig, sie greife in private Lebensgestaltung und in Unternehmensgestaltung ein.

Höcke forderte am Rande der Versammlung die Abschaffung der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form. Der Europaabgeordnete Guido Reil und der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Christian Blex, die bei der Wahl zu Platz vier gegeneinander antraten, sprachen sich beide für den »Dexit« - den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union - aus.

»Es gibt viele Gründe, die EU abzulehnen, sie bringt Europa nicht weiter«, sagte Höcke im phoenix-Interview. »Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.« Höcke plädierte für einen neuen europäischen Staatenbund. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb bei Twitter: »Man mag das für amtunangemessen halten. Aber als Staatsbürger wird mir schlecht, wenn ich solchen Unsinn höre.« Wer vernichten statt aufbauen wolle, führt nichts Gutes im Schilde.

CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte: »Die AfD ist keine Alternative, sondern eine Gefahr für Deutschland.« Die Partei präsentiere sich als Sprachrohr des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

© dpa-infocom, dpa:230729-99-593323/10